skyliners.frblog.de

So 12.02.12 17:16

„Souverän nach Hause geschaukelt“

Mit ein wenig Verspätung nun der etwas ausführlichere Text zum verrückten Spiel von gestern. Eine Fotostrecke zum Spiel gibt es auf unserer FR-Seite mit 29 Bildern. Mit Stimmen von Matchwinner Jimmy McKinney, Tim Ohlbrecht, Topscorer Michael Thompson, Marius Nolte und Jacob Burtschi. Aber natürlich auch von Trainer Muli Katzurin und Sportdirektor Kamil Novak.

„So was hab ich noch nie erlebt“, stammelte Tim Ohlbrecht nach dem Humba-Siegestanz noch völlig aufgelöst und ließ die verrückten Szenen des Spiels Revue passieren. „Erstmal bleibt der Ball am Korb hängen, wenn er reingeht, zählt der glaub ich. Dann tippt McKinney den Ball da rein. Also das war unfassbar, das hatte was von Playoff-Charakter. Das war echt der Wahnsinn.“

Ohlbrecht, der sich beim Stand von 68:62 rausgefoult hatte, zitterte mit seinen Mannschaftskollegen mit, die das Spiel in der regulären Spielzeit fast noch verloren hätten. „Schlimm“ waren die letzten Minuten für den 23 Jahre alten Center. „Ich mag sowas ja gar nicht. Ich habe die ganze Zeit die Daumen gedrückt. Ich freue mich, dass wir es geschafft haben. Die Stimmung war super“, sagte Ohlbrecht, der 15 Punkte und elf Rebounds zum Sieg beisteuerte.

Bis kurz vor Schluss, waren die 4950 Zuschauer in der Ballsporthalle ziemlich verhalten. In den letzten Minuten saß aber keiner mehr auf seinem Platz. Alleine nach der ersten Szene, die Ohlbrecht beschrieben hatte. Dennis Schröder hatte beim Stand von 72:70 einen Korbleger verwandelt und das „and one“ nach Foul von Michael Thompson gepfiffen bekommen. 72:72, schlimmer hätte es eigentlich nicht kommen können 4,7 Sekunden vor Schluss. Sein Freiwurf landete am Ring, der Rebound bei Jacob Burtschi, der warf Nils Mittmann den Ball in die Hand, der einen Airball und Immanuel McElroy klemmte den Ball mit der Schlusssirene zwischen Brett und Ring.

„Da wusste ich gar nicht mehr, was ich denken soll. Ich war wie paralysiert“, sagte Marius Nolte über die Szene. Bis zum Schlussviertel sei es tolles Spiel seiner Mannschaft gewesen, „genauso wie wir uns das vorgestellt hatten. So wollen wir spielen, so wollen wir auftreten und führen und mal ein Sieg nach Hause schaukeln.“ Es gab jedoch anders. „Dann kam die Overtime und wir haben das Ding souverän nach Hause geschaukelt“, sagte der 2,06 Meter große Center breit grinsend.

Insgesamt gesehen sei das Spiel zwar nicht immer Werbung für „unser Spiel gewesen. Es war Werbung, wie spannend Basketball sein kann“, fand Nolte.

Dass es so spannend geworden war, lag daran, dass die Skyliners nach 30 Minuten „full-court“ Pressing ausgepowert waren. „Meine Spieler haben ohne Kopf gespielt, weil sie keinen Sauerstoff mehr ins Gehirn bekommen haben“, sagte Cheftrainer Muli Katzurin. Diese Defensivarbeit und Energieleistung habe er sich exakt so vorgestellt und darauf habe er in der gesamten Woche hingearbeitet. „An vier Trainingstagen haben wir genauso trainiert“, erklärte Katzurin.

Dass sein Team am Ende gewonnen habe sei im doppelten Sinne positiv. Im Training sei es nun einfacher mit einem Sieg von einem Punkt Vorsprung, als mit einer Niederlage mit einem Punkt. „Jetzt werden die Spieler mir zuhören, ich bin mir nicht sicher, ob sie mir zuhören würden, wenn wir verloren hätten“, sagte der Trainer. Insgesamt gesehen, sei es ein exzellentes Spiel gewesen, dass gezeigt habe, wieso „wir Basketball lieben.“

Die angesprochene starke Leistung bis zum dritten Viertel untermauert ein 20:1-Lauf der Skyliners. „Dass wir dem Gegner dann noch die Chance geben, das Spiel mit einem Korb entscheiden zu können, hätten wir uns anfang des vierten Viertels nicht vorstellen können“, sagte Marius Nolte.

„Es gab bis zum dritten Viertel eine Menge positiver Sachen und Menge, an dem wir zu arbeiten haben“, betonte Jacob Burtschi. Er selbst habe es schon mal in seiner Zeit in Hagen erlebt, mit 26 Punkten gegen Bonn zur Pause geführt zu haben und am Ende mit einem Punkt am Ende zu verlieren. Zu gewinnen fühle sich natürlich wesentlich besser an.

Matchwinner Jimmy McKinney zeigte statt ausgelassener, grimmige Freude über den Sieg. Der Shooting-Guard der Skyliners reckte die Faust in die Höhe ohne eine Miene zu verziehen. Auch nach dem Spiel war ein Lächeln nur im Ansatz zu erkennen. McKinney war noch sauer, dass er im Schlussviertel nur 25 Sekunden zum Einsatz gekommen war. Im zweiten Viertel hatte sich „J-Roc“ am Arm verletzt und lange draußen gesessen. Am Montag soll er untersucht werden. „Einen Ausfall können wir jetzt gar nicht gebrauchen“, sagte Sportdirektor Kamil Novak. McKinney sei aber zuversichtlich, dass es nichts schlimmes sei.

„Ich wollte unbedingt spielen“, sagte McKinney und durfte dann nach der verrückten Schlussphase in der regulären Spielzeit wieder ran und übernahm die Verantwortung. „Er hat das Ruder übernommen und das Schiff in das Siegesgewässer gebracht“, lobte ihn Novak.

In den letzten fünf Minuten lief alles über McKinney, der acht der neun Punkte in der Verlängerung machte.  74:72 McKinney, 76:73 McKinney zwei Freiwürfe, 78:76 McKinney zwei Freiwürfe und 81:80 McKinney der tip-in. Insgesamt hatte der 1,92 Meter große und 90 Kilo schwere Modellathlet am Ende 13 Zähler auf seinem Konto.

„Es ist der Traum von jedem Basketballspieler, der „clutch“ zu sein, der Spieler, der die entscheidenden Würfe nimmt“, sagte McKinney. Jeder will wie besten Spieler sein. Spieler wie Kobe Bryant und Michael Jordan seien seine Idole, zu denen er hochschaut und versuche sein Spiel, wie sie zu spielen. „Ich will den Ball in meiner Hand haben, egal ob ich treffe oder nicht.“

Den entscheidenden tip-in erklärte er so: „Ich habe so getan, als würde ich nicht zum Offensivrebound hingehen. Ich habe McElroy relaxen lassen und konnte den Ball glücklicherweise reintippen.“

Schon beim Loslassen des Freiwurfs hatte Marius Nolte ein „kribbeln“ gespürt, dass der Ball nicht reingehen würde. „Dann kam aber Jimmy angeflogen und hat ihn reingemacht“, freute sich Nolte.

Die meisten Punkte machte übrigens Michael Thompson – 16 an der Zahl. Mit seinen zwei Turnovern in den letzten Minuten hatte er Braunschweig noch einmal rankommen lassen. Insgesamt leistete sich die Mannschaft zehn Ballverluste im vierten Viertel. Devin Gibson drei.

„Ich bin wirklich stolz, wie wir als Team zusammengestanden haben. Ich bin unglücklich über meine Turnover, aber meine Mitspieler sind für mich eingesprungen“, sagte Thompson. „Sie haben uns sehr stark gepresst und ich habe die Pässe nicht an meine Mitspieler bringen können. Da muss ich einen besseren Job machen und besser auf den Ball achtgeben.“

Braunchweig hatte das Tempo forciert, indem sie komplett auf eine kleine Formation gesetzt haben. Der Plan von Trainer Sebastian Machowski ging auf. „Sie haben gepresst und uns gedoppelt. Wir waren vielleicht auch ein wenig zu relaxt im vierten Viertel“, sagte Thompson.

„Es war ein guter Sieg für uns“, fand McKinney. „Das vierte Viertel war fürchterlich, aber wir sind mental auf der Höhe geblieben und in der Verlängerung war es Glück.“

Denn Braunschweig hatte nach McKinneys tip-in, durch Schröder und Robert Kulawick noch zwei Wurfmöglichkeiten, die beide knapp daneben gingen. Schröders Wurf tanzte sogar auf dem Korbring.

Michael Thompson fand, dass so ein Sieg „uns im Hinblick auf das Ende der Saison und insbesondere für unseren Weg in die Playoffs helfen wird“, sagte der 23 Jahre alte Aufbauspieler.

Kamil Novak trat jedoch auf die Bremse.  „Die Spieler waren natürlich voller Emotionen und ich bin es immer noch“, sagte Novak am Sonntag. Aber er und das Trainerteam werde der Mannschaft sagen, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Schließlich gehe es eng zu im Tabellenkeller. Auf den Vorletzten Ludwigsburg sind es drei Siege Unterschied, zum derzeit Achtplatzierten Braunschweig zwei Siege.

„Wir haben im Dezember ganz klar ein neues Ziel definiert und das ist der Klassenerhalt“, machte Novak klar.

3 Responses

  1. 1 # MAG Februar 12 2012 @ 22:02

    Danke Timur für deine wie immer sehr gute Berichterstattung…eine unglaubliche Spannung, wenn auch „hausgemacht“ – aber das ist ja nicht nur bei ner guten Wurst vom Metzger ein gutes Prädikat! ;-)

  2. 2 # Timur Tinç Februar 12 2012 @ 22:26

    Danke für dein Feedback MAG. Ja die war wirklich hausgemacht, aber sonst wäre vielleicht auch das Publikum nicht aufgewacht. Hab wie andere beobachtet, dass einige nach Hause gegangen sind schon während des vierten Viertels, weil sie sich siegessicher waren. So war wirklich Stimmung in der ganzen Halle und nicht nur im Fanblock :)

  3. 3 # kre Februar 13 2012 @ 20:43

    Gibts Infos wg JMcK? Es hieß er hätte sich verletzt und sollte heute untersucht werden.

Schreibe einen Kommentar

Die mit * gekennzeichneten Felder, sind Pflichtfelder.

Um Spam zu vermeiden, füllen Sie bitte das Captchafeld aus. * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.