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So 03.11.19 20:11

Pure Ernüchterung

Super Trainingswoche, Anthony Hickey wieder da, Stimmung super nach zwei Siegen – und dann kommt so ein Spiel dabei gegen Bayreuth raus. Und das obwohl die Skyliners einen furiosen Start hingelegt haben in den ersten zweieinhalb Minuten. Da dachte ich, holla, wenn die heute den Ball so bewegen, dann wird das ein schönes Spiel. Die Skyliners sind jedoch in ihre Einzelteile zerfallen, weil sie es eben nicht mehr getan haben und verloren völlig verdient 74:88. Auf Cheftrainer Sebastian Gleim wartet jetzt jede Menge Arbeit und womöglich muss er auf Center Leon Kratzer verzichten, der vom Parkett humpelte.

Ob es nur ein Krampf oder doch was muskuläres ist, darüber wird ein Arztbesuch am Montag Aufschluss geben. Gegebenenfalls wird ein MRT gemacht. Kratzer ist einer der Spieler im Kader, die einfach nicht zu ersetzen sind. Niemand ist so präsent unter dem Korb wie er und Gleim müsste wieder improvisieren.

Fakt ist, dieser Kader der Skyliners ist absolut auf Kante genäht. Mit fünf Ausländern in die Saison zu gehen war ja von Anfang ein Risiko. Normalerweise braucht man dann auch fünf, die richtig abliefern. Shaquille Hines hatte ein paar gute Minuten gegen Ulm, ansonsten ist er noch lange nicht der Faktor, der er sein soll. Matt McQuaid ist ein special player und kein Rookie wie Sean Armand, Tai Webster oder Shavon Shields, die sofort 14 Punkte und mehr machen. Lamont Jones ist momentan die einzig verlässliche Scoringoption, wobei er es zum Teil auch übertreibt – aber gegen Hamburg war es zum Beispiel die einzige Chance dieses Spiel zu gewinnen.

Sebastian Gleim steckt im Dilemma. Er hatte vor Saisonbeginn einen klaren Spielstil im Kopf, für diesen hat er im Rahmen des vorgegebenen Budgets sich seine Spieler mit dem Trainerteam zusammengesucht. Inwieweit letztlich alles Wunschspieler Nummer eins waren, kann ich nicht sagen. Jedenfalls hat er für alle Spieler eine klare Rolle vorgesehen, die sich zwar in Nuancen verschieben kann, aber doch ziemlich festgezurrt waren. Diese Pläne sind mit der Verletzung von Hickey vor Saisonstart komplett über den Haufen geworfen worden. Ohne Starting Point Guard verändert sich die ganze Struktur deines Spiels. Du kannst viele Elemente, die du vorgesehen hast und die auch in der Vorbereitung nicht ausgereift waren, erstmal in die Schublade packen und musst dir etwas anderes einfallen lassen. Für diesen krassen Einschnitt haben es die Skyliners noch ganz ordentlich gemacht, weil sie mit Lamont Jones einen überragenden Einzelkönner in ihren Reihen haben. Bei optimalem Verlauf und etwas Glück hätten die Hessen sogar alle Spiele – mit Ausnahme von Berlin – gewinnen können. Genauso gut hätte aber auch die Partien gegen Hamburg und Ulm verloren gehen können.

Wie ich schon vor Saisonbeginn geschrieben habe, muss bei den Skyliners immer alles zusammenpassen, dass sie ein Spiel gewinnen können. Die Rädchen müssen ineinandergreifen, die Energie muss da sein – sonst passiert sowas gegen Bayreuth. Es lässt sich natürlich einiges auch kaschieren wenn ein Spieler voll aufdreht, aber das geht nicht auf Dauer gut, weil sich die Gegner darauf einstellen und irgendwann Momo Jones einfach isolieren und den Rest kaltstellen. Das wird sich jetzt mit Hickey natürlich ändern, weil er den Ball in der Hand haben wird.

Trotzdem waren die Stärken und Schwächen dieser Mannschaft vor Saisonbeginn bekannt. In diesem Team gibt es keinen verlässlichen Dreierschützen, der dir 40 Prozent und mehr garantiert. Zumindest von denen, die viel werfen sollen. Dazu kommt die bekannte Wurfschwäche von Tez Robertson und auch Hickey hatte nie gute Statistiken von down town. Genausowenig wie beim Freiwurf. In Griechenland und Zypern kam er auf knapp 50 Prozent, viel zu wenig als Guard. Auch hier sind die guten Schützen schnell aufgezählt: Akeem Vargas (100 Prozent diese Saison!), Adam Waleskowski und Lamont Jones. Von den Spielern, die aufgrund ihrer Position und Spielweise öfter an der Linie stehen ist Leon Kratzer bei 45,5 Prozent (immerhin eine Steigerung zu der Vorsaison, trotzdem nicht gut), Tez Robertson bei 68,4 Prozent und Hines bei 57,9 Prozent. Die Skyliners sind das zweitschlechteste Freiwurfteam der Liga (68,1) und das viertschlechteste von der Dreierlinie (31,3). Das sind, ich betone es nochmal, Schwächen, die von Anfang an bekannt waren und um die natürlich auch jeder Gegner weiß. Und die wirst du auch über die Saison nicht los, zumindest die Freiwurfquote. An der Dreierquote könnte sich ein bisschen was ändern, wenn sich der Ball irgendwann so bewegt, wie Gleim sich das vorstellt und nicht mehr so viele Notwürfe von draußen draufgeballert werden müssen. Wenn du im Spiel nur noch 20 oder weniger statt an die 30 Dreier nimmst, aber dafür gute, triffst du auch besser.  Die Assist-Turnover-Ratio muss bei den Skyliners immer besonders gut, weiß auch Gleim. Gegen Bayreuth waren es zwölf Assists bei zwölf Ballverlusten. Gegen die Bayern war es super, da waren es 22 Assists und nur sieben Ballverluste. Entsprechend gut waren die Skyliners in diesem Spiel.

Im Moment ist das Team jedenfalls von der Idealvorstellung von Gleims Basketball weit entfernt. Er hat wie in der Partie gegen Hamburg auch seine Prinzipien über Bord geworfen, um einfach diesen ersten Sieg in den Händen zu halten. Mit der Rückkehr von Hickey startet nicht alles ganz bei Null, aber die Skyliners stehen schon wieder relativ am Anfang, weil sich Rollen und Einsatzzeiten logischerweise verändern werden. Wie gut kann Hickey Hines, McQuaid und Waleskowski ins Spiel bringen? Pick and Pop haben wir in dieser Saison so gut wie gar nicht gesehen, weil Waleskowski andere Aufgaben erfüllte musste und Lamont Jones ihn meistens als Blocksteller, denn als Anspielstation genutzt hat. Auch bin ich gespannt, ob Daniel Schmidt in diesem Team eine gute Rolle spielen wird. Gestern hätte sein ruhiger Aufbau in der kritischen Phase zwischen erstem und zweiten Viertel dem Team vielleicht gutgetan.

Ganz entscheidend wird jedoch sein, dass das Team diesen neuerlichen Prozess miträgt. Gegen Bayreuth hat sie trotz der besten Trainingseinheiten „denn je“ (Gleim), nach einer kurzen Phase, wo die Würfe nicht fallen wollten, alle Prinzipien über Bord geworfen. Gleim muss seiner Mannschaft einschärfen, dass er das nicht akzeptieren kann und ihr gleichzeitig den Glauben an die Entwicklung und den Prozess vermitteln. Wie gut ihm das gelingt, werden wir schon am Freitag beim Mitteldeutschen BC sehen. Für das Gesamtpaket werden die Skyliners noch Zeit brauchen

11 Responses

  1. 1 # Rivenianer November 4 2019 @ 9:30

    Die Kaderplanung ist extrem auf Kante genäht, Reserven gibt es keine. Spiele werden nur gewonnen wenn alles stimmt. Schmidt und McQuaid liefern nicht. Freudenberg zeigt keine positive Entwicklung. Hickey muß komplett neu eingebunden werden, verletzen darf sich keiner der wichtigen Spieler. Ich sehe uns im unteren Niemandsland der Liga.

  2. 2 # Rinaldo78 November 4 2019 @ 10:27

    Das Schmidt keine Minute gespielt hat, wo er doch die letzten beiden Spiele sich langsam steigern konnte, verstehe ich nicht. Hickey dann gleich mit 22 Minuten. Ob das der Teamchemie förderlich ist???

    Hat jemand verstanden was Jones in der Auszeit (2 Vierte?) gemeckert hat???

  3. 3 # Timur November 4 2019 @ 15:09

    @Rivenianer: Freudenberg war gegen Bayreuth neben Vargas der beste Frankfurter.

  4. 4 # Rivenianer November 5 2019 @ 15:07

    @Timur, ich bin mir aber nicht sicher, ob das für Freudenberg, oder gegen den Rest spricht… ;-)

    Ist Kratzers Verletzung zu banal oder zu schlimm? Man hört irgendwie nichts?

  5. 5 # Rivenianer November 5 2019 @ 15:09

    ah… sehe es gerade, nur Zerrung

  6. 6 # anagahn November 5 2019 @ 15:12

    Die Skyliners geben Entwarnung.

    „Die intensiven Untersuchungen der letzten Tage ergaben nun glücklicherweise nur eine Zerrung der hinteren Oberschenkelmuskulatur.

    Sein Einsatz beim Auswärtsspiel am Freitag in Weißenfels (19 Uhr; live bei MagentaSport) ist dennoch erst mal fraglich.“

    Nochmal Glück gehabt. Ohne Kratzer hätten wir die Saison echt vergessen können.

  7. 7 # Wettertom November 5 2019 @ 15:29

    Das ging ja nochmal gut.

    Ich erwarte eine ganz andere Mannschaft in Weißenfels und rechne mit einem Sieg, auch ohne Kratzer.

  8. 8 # Rinaldo78 November 6 2019 @ 8:58

    Ich habe mir gestern Oldenburg im Eurocup angeschaut. Ich bin schon ein wenig neidisch auf deren Nachverpflichtung von Larson.
    Er passt mMn sehr gut in dieses Oldenburger Team. Schade das wir ihn nicht halten konnten.

  9. 9 # Timur November 6 2019 @ 18:58

    @Rinaldo:Vielleicht nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch Wollens.

  10. 10 # Rinaldo78 November 7 2019 @ 12:22

    @Timur. Da bist du bestimmt besser informiert. Ich denke nur Larson hätte uns zum Saisonstart ganz gut getan.
    Aber ich will eigentlich gar nicht viel jammern.
    Schauen wir auf morgen und das wichtige Auswärtsspiel. Wir müssen wohl auf Kratzer verzichten. Bin gespannt wie das kompensiert wird. smalball mit Freudenberg auf der 5? Mehr Minuten für Völler/AdamW? Ich bin gespannt. Auch auf Gleim. So richtig warm bin ich noch nicht mit ihm. Führungsqualitäten sehe ich leider noch nicht.

  11. 11 # Tez November 8 2019 @ 10:01

    https://www.fnp.de/sport/loewen-frankfurt/loewen-frankfurt-entscheidung-muss-jetzt-fallen-13201523.html

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