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So 10.02.13 19:13

Mal grundsätzlich

Dass die Frankfurt Skyliners nach der Niederlage in Bayreuth auf dem 17. Tabellenplatz liegen hat mehrere Ursachen. Ich versuche das mal alles aufzudröseln und die grundsätzlichen Probleme zu klären.

Vorneweg gibt es natürlich, die nicht wegzudiskutierenden Probleme vor der Saison: Zum einen der Absprung des Trikotsponsors Deutsche Bank und zum anderen das überraschende Karriereende von Johannes Herber. Damit fehlt zum einen das Geld und zum anderen ein weiterer deutscher Spieler in der Rotation. Die Skyliners müssen nur mit zehn Spielern im Kader auskommen. Mit diesen Problemen will ich mich aber nicht länger aufhalten.

Das Team wurde mittlerweile mehrfach durchgewürfelt. Darunter leidet die Teamchemie. Von der Starting-Five aus dem ersten Saisonspiel, sind nur noch Quantez Robertson und Zachery Peacock übriggeblieben. Der Starting Point-Guard Johnathon Jones hatte nie die Qualität für die Liga und wurde abgegeben. Im Dezember wurde der langzeitverletzte Dawan Robinson verpflichtet, der sich immer noch müht ein guter Leader zu sein. Lange war man auf der Suche nach einem Shooting-Guard, solange durfte Larry Wright aus der Pro B mitwirken und war sogar Topscorer im Artland mit 21 Punkten. Er kann sich aber keine Punkte kreieren und am vierten Spieltag stieß Ted Scott zum Team. Er war zu Beginn ein verlässlicher Scorer, verteidigte aber schwach. Außerdem bekam er einmal technisches Foul (in Bamberg) und ein unsportliches Foul (in Tübingen) angehängt, was jeweils die Chancen auf den Sieg kostete – natürlich wäre es in Bamberg nochmal viel schwieriger geworden, als in Tübingen. Über Dion Dowell habe ich eigentlich fast alles geschrieben. Er war viel zu launisch, konnte seine Qualitäten viel zu selten abrufen, war schwach in der Verteidigung und ist vergangene Woche nach Israel gewechselt. Vor zwei Wochen stießen Ryan Brooks und LaQuan Prowell aus Gießen zum Team dazu und müssen sich jetzt schleunigst in das Team integrieren. Es ist müßig zu diskutieren, ob die beiden Spieler nicht hätten früher geholt werden können, denn Gießen hatte wohl gehofft die Spieler nicht abgeben zu müssen und sich spät entschieden, es doch noch zu tun.

Über die gesamte Saison betrachtet gibt es drei Dinge, die den Skyliners enorme Probleme bereitet: das lässt sich auch in den Teamstatistiken ablesen.

1. Die Reboundschwäche: Nur Gießen holt weniger Rebounds. Gegen Bayreuth hatte man mit 23:39 das nachsehen und ließ 13 Offensivrebounds zu, was dem BBC elf „second-chance-points“ ermöglichte. Die Skyliners spielen mit einem undersized Center. Zachery Peacock ist „nur“ 2,03 Meter groß. Gegen Bayreuth holte er nur drei Rebounds. Power Forward LaQuan Prowell, ebenfalls 2,03 Meter, nur zwei Rebounds. Die meisten holt und das ist bezeichnend: der gerade einmal 1,88 Meter große Tausendsassa Quantez Robertson (7,2 im Schnitt). Peacock hatte sich in den vergangenen Spielen gesteigert, trotzdem fehlt es der großen Garde in den hart umkämpften Mann-gegen-Mann-Duellen das Durchsetzungsvermögen und wenn sie es doch schaffen das Reboundverhältnis einigermaßen ausgeglichen zu halten, kommt das nächste Problem zum Tragen.

2. Die schwache Offensive ist einer der Hauptfaktoren für das Abrutschen auf den Abstiegsplatz. Kein Team in der Bundesliga erzielt weniger Punkte (69,5 Zähler), als die Skyliners. Gegen Bayreuth vergaben sie viele offenen Würfe. Wenn die Skyliners intensiv verteidigen, müssen sie immer hoffen, dass sie den Gegner wirklich zu sehr vielen Ballverlusten und vergebenen Würfen zwingen – das gelingt in dieser Saison auch nicht allzu oft. Die aggresive Verteidigung kostet Kraft und Energie und damit fehlt die nötige Konzentration beim Abschluss. Zudem vergeben die Hessen fahrlässig ihre Freiwürfe, die Katzurin bis zum Erbrechen üben lässt. Am Samstag trafen die Skyliners nur 15 von 22 Versuchen, über die gesamte Saison betrachtet sind es nur 68,4 Prozent. Nur Würzburg (66,6 Prozent) schneidet  in dieser Statistik noch schlechter ab. Mit Brooks und Prowell haben die Skyliners zumindest zwei Spieler in ihren Reihen geholt, die in der Offensive für mehr Variabalität sorgen.

3. Die Skyliners sind sehr abhängig von ihrer Starting-Five. Wenn einer der Starter nicht zweistellig punktet, kommen die Hessen in die Bredouille. Zachery Peacock kam in Bayreuth in der ersten Halbzeit nur auf zwei Punkte, weil er drei Fouls gegen sich gepfiffen bekommen hatte. Weil der Kader nicht tief genug ist, tut jedes Foul zu viel doppelt weh. Außerdem kann es auch mal vorkommen, dass ein Spieler keinen guten Tag hat oder sich einer starken Verteidigung gegenüber sieht. Wie etwa Quantez Robertson am Samstag. Er kam „nur“ auf sieben Punkte, weil Bayreuth es dem 28-Jährigen sehr schwer machte und er seine Distanzwürfe dieses Mal nicht traf. Insgesamt gesehen ist die Bank der Skyliners zu schwach. Devin Gibson läuft seit Wochen seiner Form hinterher. Er penetriert überhaupt nicht mehr zum Korb, seitdem Robinson das macht. Und wenn er es tut, macht er es viel zu unkontrolliert oder verliert dabei den Ball. In der Kombination Thompson/Gibson im vergangenen Jahr hat er noch sehr gut funktioniert. Die deutschen Spieler spielen zu unkonstant. Danilo Barthel hat ab und an seine guten Momente, zu oft versteckt er sich aber noch. Konstantin Klein verteidigt gut, traut sich was zu, foult aber zu viel und trifft seine Würfe nicht. Johannes Voigtmann braucht noch eineinhalb Jahre, um ein guter BBL-Spieler zu werden. Marius Noltes Fähigkeiten sind limitiert. Er stellt gute Blöcke ist in der Offensive aber überhaupt kein Faktor und hat auch beim Rebounden gegen athletische Spieler seine Probleme.

Kurz zum Spiel in Bayreuth: Gegen Bayreuth taten neben dem verlorenen Reboundduell und den vergebenen offenen Würfen, die dummen Ballverlusten weh. Von den neun Ballverlusten in der ersten Halbzeit schmissen die Skyliners drei Mal den Ball ins Aus, einmal ließ sich Johannes Voigtmann den Ball aus dem Arm klauen. Ärgerlich war auch mal wieder das unüberlegte Aufbauspiel von Devin Gibson. Am Ende des dritten Viertels,  beim Stand von 55:60, hatte Gibson den Ball in der Hand, er hatte alle Zeit der Welt die Uhr runterspielen zu lassen. Stattdessen schmiss er den Ball unüberlegt die Hände von LaQuan Prowell, der davon völlig überrascht war und den Ball verlor. Auch das passiert in dieser Saison viel zu häufig: Ballverluste beim Einwurf, etliche Schrittfehler, mit dem Fuß im Aus stehen oder eben die Uhr nicht klug genug runterzuspielen.

Ausblick: Von den verbliebenen 13 Spielen, haben die Skyliners noch acht Heimspiele. Das ist ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz im Abstiegskampf. Dennoch ist das nächste Auswärtsspiel eines der wichtigsten in dieser Saison. „Ein Vier-Punkte-Spiel“, wie Muli Katzurin sagte. Die Skyliners sind dazu verdammt dieses Spiel zu gewinnen. Sonst liegen sie mit vier Punkten hinter einem Nicht-Abstiegsplatz. Mit Brooks und Prowell hat die Mannschaft noch einmal eine neue Qualität in der Offensive bekommen, allerdings müssen die Abstimmungen in der Defensive und vor allem das Reboundverhalten sich schleunigst verbessern. Vielleicht wäre es eine Alternative Danilo Barthel mal länger als Center aufzubieten und Zachery Peacock auf der Vier. Die Skyliners brauchen ein Erfolgserlebnis. Ein Sieg in Braunschweig wäre für den Kopf und das Selbstbewusstsein enorm wichtig, ansonsten wird es extrem schwierig sich aus dem Tabellenkeller zu befreien.

Interviews nach dem Spiel in Bayreuth und hier das Boxscore. (Sorry für die laute Musik im Hintergrund, in der Halle waren die Boxen extrem laut aufgedreht worden)

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Marius Nolte

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Zachery Peacock

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Konstantin Klein

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Dawan Robinson

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Muli Katzurin

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Ryan Brooks

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Quantez Robertson

21. Spieltag Bayreuth – Skyliners – Beckham Wyrick

PS: Johannes Herber hat im Feuilletion der FAZ eine Reflektion über seine Zeit als Profi und das Ende seiner Basketballkarriere geschrieben. Sehr lesenswert!

12 Responses

  1. 1 # Frankie Februar 10 2013 @ 19:27

    Also wenn sie in Braunschweig nicht gewinnen, dürfte das Selbstbewusstsein definitiv komplett dahin sein. Gegen Tübingen sehe ich UNS nicht in der Favoritenrolle!

  2. 2 # Timur Tinç Februar 10 2013 @ 19:29

    Favorit sind die Skyliners sowieso nur noch gegen Gießen.

  3. 3 # Harald Februar 10 2013 @ 19:56

    Sehr gute Analyse, Timur! Was mir als einziges noch fehlt: Man hat es einfach verpasst einen erfahrenen 1er zu holen! Es war fahrlässig und viel zu riskant, mit J. Jones einen auf diesem Niveau völlig unerfahrenen Aufbau zu holen!
    Egal ob Jones/Gibson oder jetzt Robinson/Gibson: Die Skyliners haben (ausgenommen Gießen) das schlechteste PG-Duo der Liga!
    OK, der Kader ist schwach und kaum erstligareif! Aber: Hätte man einen erfahrenen Aufbau geholt, der 10% mehr Leistung aus allen rauskitzeln kann und den Spielern den Ball dort gibt wo sie sich am wohlsten fühlen, dann würde man vielleicht gar nicht da unten drin stehen!
    Seit dem Abgang von Wood/Roller hat man nie mehr einen Aufbau gehabt, der Ruhe und Kontrolle aussstrahlt! Imho fatal!

  4. 4 # Timur Tinç Februar 10 2013 @ 20:07

    @Harald: Stimmt, das Point-Guard-Problem hatten wir hier ja auch mehrfach thematisiert. Ich habe es nicht nochmal als Punkt extra hervorgehoben, sondern es verssucht im Text nochmal deutlich zu machen. Mittlerweile trauert man dem Duo Thompson/Gibson in der guten Form der letzten Saison hinterher, obwohl es jetzt auch nicht das Beste war, aber sich immerhin besser ergänzte, als die Duos in dieser Saison. Keiner der drei jetztigen Aufbauspieler hat aber die nötige Qualität eines Starting Point-Guards, der die anderen besser macht.

  5. 5 # seb Februar 10 2013 @ 20:10

    Gute Beschreibung der vorhandenen Probleme. Das Schlimme daran: der Abstieg wäre zum jetzigen Zeitpunkt zumindest statistisch gesehen absolut verdient.

  6. 6 # danny Februar 10 2013 @ 20:16

    was passiert eig, wenn die skyliners absteigen und die juniors aufsteigen? wer darf da in die proA?

  7. 7 # Timur Tinç Februar 10 2013 @ 20:23

    Die Juniors dürfen dann selbstverständlich nicht aufsteigen.

  8. 8 # Harald Februar 10 2013 @ 20:50

    Skyliners und PRO A? Ich glaub da nicht dran! Wenn man aus der BBL absteigt gibts imho 2 Möglichkeiten:

    A) Bewerbung um eine Wildcard!
    Egal obs zwei sportliche Aufsteiger gibt oder nicht. Jan Pommer ist doch so versessen auf die Großstadtklubs, da darf Frankfurt nicht fehlen! Wenns nicht an den 250.000 Euro Gebühr zwickt, dann wird notfalls die Liga erweitert oder die Standards so hochgeschraubt, dass eine andere Mannschaft die Auflagen nicht mehr erfüllt und runter muss!

    B) Auflösung der Profi-Abteilung und unter Schirmherrschaft von Fraport/Mainova die Aufrechterhaltung des Schulprograms + PRO B-Mannschaft. Vielleicht ja sogar unter dem Namen Eintracht Frankfurt Basketball!

  9. 9 # Gießener Februar 11 2013 @ 0:02

    Äußerst interessante Analyse!

    In der Tat, Peacock ist kein Center. Das hat er in Gießen auch zu keinem Zeitpunkt gespielt. Auch wenn ich ihn als Spieler in Erinnerung habe, der zum größten Teil aus der Nahdistanz punktet. Ansonsten war ich bei Brooks und Prowell von Beginn an der Meinung, dass diese Situation in Gießen verbunden mit der Abgabe der beiden Spieler nach Frankfurt, ein absoluter Glücksfall für die Skyliners ist.

    Ansonsten wünsche ich Frankfurt den Abstieg keinesfalls, ein Derby in der ProA wäre zwar etwas, aber irgendwer muss Hessen ja in der BBL vertreten… Aber es sieht wohl so aus, als würde dieses Jahr durchaus mal ein Überraschungskandidat absteigen. Den MBC sehe ich als zu gefestigt, so dass es sich nach aktueller Aussicht auf euch, Braunschweig und die nicht unbedingt überragenden Ludwigsburger zuspitzt.

    An eine Ligaaufstockung glaube ich aber eher kaum. Ob das die nötige Anzahl der Klubs abnicken würde? 18 ist eine Zahl, die in mittlerweile vielen Ligen auftaucht, ich denke, Pommer ist bestrebt, diese Zahl zu halten. Er hat ja schließlich noch einiges vor. Und manch einer wäre eher für 16 Teams. Sollte es zu einer Wildcard kommen, was sicher nicht ausgeschlossen ist – wobei in der ProA Teams wie Göttingen, Vechta und womöglich sogar Düsseldorf etwas vorhaben -, sehe ich da exzellente Chancen für Hamburg. Seine Sympathie für diese Idee hat Pommer ja schon publik gemacht.

  10. 10 # Timur Tinç Februar 11 2013 @ 12:11

    Der FR-Artikel zum Spiel in Bayreuth. http://www.fr-online.de/skyliners-frankfurt/frankfurt-skyliners-skyliners-in-not,1473456,21719114,view,asFirstTeaser.html

  11. 11 # Andy K. Februar 11 2013 @ 14:01

    Im übrigen spielt Michael „Juice“ Thompson eine gute Rolle bei ASVEL in Frankreich. Er wäre gerne geblieben, das weiß ich. Ob er „auch“ zu teuer war?

  12. 12 # Harald Februar 11 2013 @ 14:20

    Thompson war in der Summer League aktiv. Das zwar nicht gerade erfolgreich, aber das treibt den Preis dann leider doch schnell in die Höhe!
    Allerdings muss man auf manchen Positionen auch ein bisschen investieren, um Qualität zu bekommen. Für mich noch immer der Kardinalfehler in dieser Saison: keinen etablierten 1er geholt zu haben. Tez, Prowell, Brooks, Peacock sind alles keine schlechten Spieler. Aber es fehlt jemand, der sie in Szene setzen kann. Wo wäre zB Bonn, wenn sie nicht Jared Jordan hätten, sondern stattdessen mit Robinson/Gibson im Aufbau spielen würden? Wahrscheinlich dort wo die Skys jetzt stehen!

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