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So 25.11.12 23:20

Hut ab

Wenn mir jemand vor dem Sprungball gesagt hätte, die Skyliners haben eine Chance gegen Tabellenführer Ulm, hätte ich zahlreiche Gegenargumenten angeführt: Ted Scott (Pferdekuss am Oberschenkel), Marius Nolte (Muskelfaseriss in der Schulter) werden nicht zur Verfügung stehen, Zachery Peacock hatte überhaupt nicht trainiert und soll trotzdem auflaufen. Außerdem hat Ulm die zweitbeste Offensive in der Liga und klasse Einzelspieler (Per Günther und John Bryant). Nach 40 Minuten intensivem Basketball, muss ich aber meinen virtuellen Hut vor der klasse Leistung der Hessen ziehen. Hier auch der FR-Artikel.

Der 78:62-Sieg gegen Ulm hat viele Geschichten zu erzählen. Ein unglaublicher Devin Gibson, ein Zack Peacock, der ohne Training in 16 Minuten 18 Punkte macht und Johannes Voigtmann, der John Bryant die Stirn bietet. Und über alldem steht die geschlossene Mannschaftsleistung, die bis zum erbrechen oder besser bis zum Krampf von Quantez Robertson, verteidigt hat.

Muli Katzurin war dementsprechend hochzufrieden mit seinem Team: „Die Jungs haben Hingabe, Energie und Charakter bewiesen und vor allem als Team zusammengespielt. Wir haben zwar auch einige offene Würfe verworfen, aber unser Spiel ist die Verteidigung. Mit ihr schaffen wir es, die Unterschiede zwischen einem Team wie Ulm und uns zu überbrücken. Ich bin sehr stolz auf die Spieler“, sagte der Cheftrainer nach dem Spiel. Durch dieses intensive Spiel haben seine Spieler es auch geschafft, das Publikum zu begeistern und eine richtige Basketball-Atmosphäre geschaffen.

Unter der Woche hat er seine Spieler in der Trainingshalle so sehr gescheucht, dass einige von ihnen glaubten er würde sie „killen. Das ist kein Witz“, so der Trainer.

Entsprechend waren auch die Aussagen der Spieler: „Wir haben geackert, geackert, geackert –  in der defense volles Programm“, sagte beispielsweise Danilo Barthel. „Wir haben uns perfekt auf Ulm einstellen können. Wegen der Verletzten musste jeder nochmal eine Schippe drauflegen und in der Verteidigung einfach Vollgas geben. Das haben wir heute gemacht.“

Das Berlin-Spiel und die miserable Verteidigung vor einer Woche war der Wachruf für die Mannschaft so Barthel: „Wir haben uns vorgenommen, so etwas nie wieder zu zeigen.“ Gegen Ulm hat jeder Spieler diese Einstellung an den Tag gelegt.

Von Minute eins an wurde aggressiv auf den ballführenden Spieler draufgegangen, die Passwege zugestellt und John Bryant von allen Seiten in die Zange genommen. Katzurin erklärt die Erfolgsformel: Erstens musste immer Druck auf den ballführenden Spieler aufgebaut werden, damit dieser den Ball nicht so wie er will auf Bryant passen kann. Zweitens musste seine Mannschaft Bryant zwingen, so weit wie möglich vom Korb entfernt den Ball zu bekommen. Und drittens sollte immer jemand zusätzlich dazukommen, wenn Bryant dann doch mal am Ball war. Das klappt in der ersten Halbzeit hervorragend. Mickrige zwei Pünktchen erzielte der MVP. Am Ende waren es zehn.

Der beste Mann auf dem Parkett war ohne wenn und aber Devin Gibson. „Der Matchwinner“, wie Barthel sagte. „Er hat das Tempo kontrolliert“, lobte ihn Katzurin. Wenn es nötig war, habe er Fouls erzwungen und das Tempo erhöht und wenn es nötig war, das Spiel langsam gemacht. 17 Punkte, sechs Assists, drei Rebounds und zwei Steals standen für den 23-Jährigen in 36:28 Minuten zu Buche. Dieses Mal machte er auch seine Freiwürfe rein 6/7. Insgesamt zog der US-Boy sieben Fouls und wurde hinterher von Marius Nolte „gezwungen“ (Gibson) das Humba anzustimmen. Nicht nur ihm, auch dem Publikum hat das Riesenspaß gemacht. Jetzt muss er nur noch lernen, wie man Ausrufezeichen ausspricht :)

Kommen wir zu Zachery Peacock. „Er war der X-Faktor“, sollte Katzurin hinterher über den 2,03 Meter großen Center sagen. Unter der Woche hat er nicht einmal trainiert.  (bis auf Stabilisationsübungen und der Taktikbesprechung am Sonntagvormittag) „Die Jungs haben eine unglaubliche Verteidigung gespielt. Ich habe die ganze Woche über nur zuschauen können“, sagte Peacock. „Alles was ich getan habe, war das zu tun, was sie wollten“. Seine Mitspieler seien aggressiv gewesen, hätten die Pässe antizipiert und den Ulmern gute Fallen gestellt.

„Ich bin ein professioneller Basketball-Spieler. Ich weiß, wie ich zu werfen habe. Jetzt muss ich nur noch in Form kommen“, erklärte der 25-Jährige. In den 16 Minuten Einsatzzeit überzeugte Peacock auch das erste Mal unter den Brettern. Zwei Offensiv- und vier Defensivrebounds standen am Ende auf dem Statistikzettel. „Ich wollte die Rebounds holen. Es ist nicht so, dass ich sie in den Spielen davor nicht wollte, aber ich war in diesem Spiel sehr fokussiert und wollte meine Fehler aus der Vergangenheit wieder gutmachen.“ Zusätzlich gelangen ihm zwei Assists und zwei Steals. Was will man mehr?

Die entscheidende Phase im Spiel war Mitte des dritten Viertels, als Ulm auf 42:43 (15.) rankam. Muli Katzurin nahm eine Auszeit und seine Mannschaft legte bis zum Ende des dritten Viertels einen 16:2-Lauf hin. Darunter machte Peacock auch seinen verrückten Wurf im Fallen, der mit dem Glas in den Korb sprang. Acht der 16 Punkte gingen auf das Konto des Centers.

Neben den 23 forcierten Turnovern sind am Ende des Tages auch die insgesamt 19 Assists der Skyliners hervorzuheben. Gibson (sechs), Johnathon Jones (vier) und Quantez Robertson (vier) taten sich dabei besonders hervor.

Ein Extralob muss auch Johannes Voigtmann bekommen, der eine klasse Leistung gegen John Bryant geboten hat. „Mir liegt es gegen größere Spieler, als gegen kleinere und schnellere zu spielen“, so der U20-Nationalspieler. Es war das erste Mal, dass der 20-Jährige so viel in der Bundesliga spielte (19:24 Minuten) und das tat er richtig gut. Acht Punkte, fünf Rebounds und ein Steal waren es nach 40 Minuten. „Unsere Verteidigung hat die Ulmer komplett aus der Fassung gebracht“, brachte es Voigtmann auf den Punkt.

Ob seine Mannschaft so eine Qualität immer auf das Parkett zaubern könne, wisse Katzurin nicht. „Mir ist wichtig, dass sie immer mit so einer Einstellung spielen. Die Fans sollen sehen, dass die Spieler alles geben“, sagte Katzurin. Das haben sie am Sonntag alle getan.

Marius Nolte wird wohl drei Wochen ausfallen. Er war am Samstag fünf Stunden in der BGU, hofft aber früher wieder zum Team zu stoßen. Wie lange Ted Scott ausfällt, hängt vom Heilungsprozess ab.

12 Responses

  1. 1 # Maurizio November 26 2012 @ 9:52

    Ich sage nur ein Wort…. RESPEKT!!!!

    RESPEKT erstens an das Team. Die Skys sind dann am besten und zeigen Charakter, Energie und die richtige Einstellung wenn die Situation im Grunde hoffnungslos ist.

    RESPEKT and das Trainerstab. Eine hervorragende Vorbereitung unter bescheidenen Umständen, man hat mehr als nur das Maximale herausgeholt.

    RESPEKT an die Fans. Bedingungslos und mit viel Leidenschaft hinter der Mannschaft gestanden. Da hat sogar mein 2 1/2 jähriger Sohn viel Lärm gemacht! :)

    RESPEKT an so einer Defense. Ich habe sowas schon lange nicht gesehen. Man hat Ulm 27 unter deren Punkteschnitt gelassen + 23 Turnovers forciert + unter 10 Assists gehalten.

    RESPEKT!!!

  2. 2 # wettertom November 26 2012 @ 11:39

    Zusammengefasst: RESPEKT :-)

    War meine Optimismus doch berechtigt!

    Was vielleicht in der letzten Zeit vielleicht vernachlässigt wird: Wir haben einen Klasse Trainer! Wer hätte das gedacht nach dem Saisonstart in 2011!Da hätte ich Ihn auch gerne in die Wüste geschickt.

    Zum Thema Identifikation: Wenn nicht mit diesem kämpfenden Team, mit wem denn sonst. Klasse Jungs.

  3. 3 # Oldman November 26 2012 @ 12:44

    Ja, ich hätte ihn mit in die Wüste gebracht!

    Scheinbar ist er mehr als der richtige für diesen Job und gefühlt stehen wir jetzt schon besser da als letztes Jahr um die Zeit.

    Bin gespannt, ob man nun eine kleine Serie starten kann. Wobei in dieser Saison viele Überraschungen drin sind!

  4. 4 # Oldman November 26 2012 @ 12:59

    Gibt es noch ein KLASSENBUCH?

  5. 5 # Bjoern November 26 2012 @ 13:01

    Eigentlich muss im Klassenbuch nix negatives stehen. ;-)

  6. 6 # Timur Tinç November 26 2012 @ 13:01

    Das folgt heute Abend. Ich sitze gerade an einem Artikel über Muli Katzurin für die Zeitung und analysiere seinen Coaching-Stil.

  7. 7 # Timur Tinç November 26 2012 @ 13:01

    @Bjoern: Viel zu kritteln gibt es wirklich nicht.

  8. 8 # ScheSche November 26 2012 @ 14:14

    Devin Gibson hat mich gestern irgendwie an Pascal Roller erinnert (jetzt nicht der Dreier, aber sonst alles).Der wird gerade bei uns vom fast noch Rookie zum echten Leistungsträger. Wenn die echten Rookies dann im Laufe der Saison noch ähnlich weit kommen …

    Das Spiel hat noch etwas gezeigt: Das Modell Underdog funktioniert in Frankfurt. Und wie! Auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird. Trotzdem hoffe ich, das wir so langsam mal wieder aus der Underdog-Rolle rauswachsen und es uns leisten können, die Spieler, die entwickelt wurden, halten zu können.

  9. 9 # Rivenianer November 26 2012 @ 16:08

    Ich bin da völlig mit Wettertom und Oldman, auch ich wollte den Trainer hervorheben. Als wir Muli in die Wüste schicken wollten, meinte ein Berliner „habt Geduld, an dem werdet Ihr noch viel Freude haben“, jetzt versteh ich das! Natürlich kann man mit dieser Energieleistung keine ganze Saison spielen, aber wie abgezockt ein Voigtmann dem dicken Briant entgegentrat war schon cool, Quantez mit Krampf (und dem Fanblock blieb das Herz stehen!). Im ersten Viertel dachten wir noch, klasse Ausrufezeichen, aber das halten die nie durch… Sie haben es durchgehalten, dafür fetten R E S P E K T :-)

  10. 10 # Frankie November 26 2012 @ 20:32

    …und TEZ spielt nächstes Jahr in Würzburg ;-) / Okay, der war schlecht und passt hier nicht hin.

  11. 11 # Bjoern November 27 2012 @ 5:59

    Frankie

    das war ein disqualifizierendes foul von dir ;-)

  12. 12 # Andy K. November 27 2012 @ 11:05

    Also Muli macht ja die weitere Entwicklung auch von TEZ abhängig. Ob TEZ nächstes Jahr noch bei uns ist? Wer weiß das schon….4 Jahre sind schon lang. Wenn die Arena News nicht bald kommt, bzw. neue Sponsoren, dann….

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