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Mo 19.08.13 00:57

„Auf lange Sicht kann hier etwas zusammenwachsen“

Am heutigen Montag laden die Skyliners zum ersten Mannschaftstraining auch uns Pressevertreter ein. Ich hab mich bereits am Freitag mit Johannes Voigtmann getroffen, um das letzte Jahr Revue passieren zu lassen und in die Zukunft zu blicken. Der 2,11 Meter große und 110 Kilo schwere gebürtige Eisenacher hat in der vergangenen Saison 26 Spiele in der BBL absolviert und könnte in der kommenden Saison schon zur Starting Five gehören.

Herr Voigtmann, vor knapp drei Monaten haben Sie mit den Skyliners am letzten Spieltag gegen Ludwigsburg die Klasse gesichert. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?
Die Stimmung war sehr angespannt. Es wurde zwar versucht, den Tag so normal wie möglich zu gestalten, aber das hat nicht geklappt. Nach dem Sieg war die Erleichterung riesengroß. Wir haben uns das mit unserem Schlussspurt auch verdient.

Wenige Tage danach hat Cheftrainer Muli Katzurin seinen Rücktritt verkündet. Kam das für Sie überraschend?
Es ging ja relativ schnell, so dass ich mir darüber keine große Gedanken machen konnte. Am Ende war es so wie die Vereinsführung erklärt hat, eine relativ logische Konsequenz.

Wie war es, für Sie unter Katzurin zu trainieren?
Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie. Man hätte sich manchmal ein bisschen mehr Dampf gewünscht. Unter Gordie ist das, wie ich schon mitbekommen habe, etwas anders.

Mal hat Muli Ihnen viele Spielminuten gegeben, mal sehr wenige. Wie sind Sie damit zurechtgekommen?
Es war schwierig sich darauf einzustellen. Vor allem wenn man nicht damit rechnet zu spielen und plötzlich 20 Minuten auf dem Parkett steht. Und wenn man damit rechnet viel zu spielen plötzlich gar nicht. Das ist das Los eines jungen Spielers und ich war froh über jede Minute, die ich gespielt habe. Unerwartete Situationen zu meistern, hat mir im Endeffekt mehr geholfen, als das es geschadet hat.

Ihr neuer Trainer Gordon Herbert hatte Sie bereits vor mehr als einem Jahr zu seinem damaligen Klub nach Berlin zum Probetraining eingeladen. Was ist er für ein Trainertyp?
Er ist ein sehr besonnener Typ. Er versucht ganz ruhig und unaufgeregt an seine Aufgabe heranzugehen. Trotzdem merkt man, dass er mit sehr viel Herzblut dabei ist. Er hat sich eine Woche bei der Pro B hingestellt und explizit das Frankfurter Konzept erklärt, von der Bundesliga über die Pro B und die Regionalliga alles enger zu verzahnen. Er ist ein „Taktikfanatiker“, der sehr viel Wert auf Genauigkeit legt.

Woran haben Sie  im Sommer so gearbeitet?
Ich habe sehr viel im athletischen Bereich gearbeitet, wo meine größten Defizite liegen und habe ich mich extrem verbessert. Ich habe auch sehr viel an meinem low-post-game gearbeitet. Und das gilt es jetzt weiterzuführen.

Nach zwei enttäuschenden Jahren scheinen die Skyliners ihre Philosophie geändert zu haben. Sie setzen vermehrt auf junge, deutsche Spieler und vor allem auf Kontinuität. Herrscht unter den Spielern eine Art Aufbruchsstimmung?
Man merkt durch die Verpflichtungen, dass ein gewisses Vertrauen herrscht und das motiviert zusätzlich. Gerade die perspektivischen Verpflichtungen von Stefan Ilzhöfer und Kevin Bright können nur Gutes für uns heißen. Wir werden nicht unbedingt, um die Meisterschaft mitspielen, aber auf lange Sicht kann hier etwas zusammenwachsen.

Geht der Klub nicht ein zu hohes Risiko mit zu vielen Talenten?
Es ist immer die Frage, wie man das bewertet. Wir haben vier gestandene Profis, da werden noch ein oder zwei dazukommen. Natürlich gibt es ein Risiko, aber wie sollen wir lernen Verantwortung zu übernehmen, wenn wir sie nicht bekommen?

Was ist Kevin Bright für ein Spieler, der letzte Neuzugang im Team?
Kevins Talent ist unbestritten. Er war schon in frühester Jugend eines der größten deutschen Talente und hat jetzt ein sehr gutes Jahr am College gespielt. Er hat ein großes Skill-Repertoire. Er wird uns gewaltig weiterhelfen.

Welche Rolle wird Dawan Robinson einnehmen, der im vergangenen Winter kam, maßgeblich für den Aufschwung verantwortlich war und mit einem Einjahresvertrag ausgestattet wurde?
Er wird gemeinsam mit Marius (Nolte Anmerkung d. Red.) auf jeden Fall der Leader sein. Er wird das Team aufgrund seiner Position tragen und natürlich aufgrund seiner Mentalität. Als wir im Schlamassel gesteckt haben, hat er in den Haufen noch einmal richtig Leben reingebracht und uns mit seinem Ehrgeiz und seiner Leidenschaft einen Lauf starten lassen.

Auf der Centerposition wird aller Voraussicht nach, kein US-Amerikaner eingeplant. Wie groß sind die Chancen, dass Sie in Ihrem zweiten Profijahr zum Starter werden?
Wie die Chancen stehen, wird sich  zeigen. Wenn ich mein Ziel, Starter zu werden, in diesem Jahr schon erreichen will, muss ich noch einen langen Weg gehen.

Sie sind vor einem Jahr nach Frankfurt gekommen, um viel Spielzeit in der Pro B zu sammeln und in der BBL Luft zu schnuppern. Auf einer Skala von eins bis zehn. Wie haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Im Hinblick auf die Erwartungen, die ich vorher hatte, ist es auf jeden Fall eine zehn. Ich hätte nicht damit gerechnet, so viele Minuten in der Bundesliga zu spielen. Die Pro B-Situation war perfekt für mich, genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Das hat mir extrem weitergeholfen und ich bin einen Schritt weiter, als ich vor einem Jahr gedacht hätte.

Was war der schönste Moment in der abgelaufen Saison?
Immer wenn man auf dem Feld steht ist es ein schöner Moment. Das letzte Spiel war natürlich ein Höhepunkt. Genauso waren es die Spiele, wo ich viel gespielt habe und der Mannschaft aktiv helfen konnte. Da würde ich das Spiel gegen Bonn (Voigtmann erzielte 16 Punkte bei der 75:81-Niederlage) hervorheben.

Ein Spiel das mir im Kopf geblieben ist, war das Hinspiel gegen Ulm, als Sie John Bryant sehr gut verteidigt haben.
Von solchen Spielen zehrt man noch lange und das gibt einem in den Trainingswochen eine Extra-Motivation.

Sie haben Ihre verbesserte Athletik schon angesprochen. Wie viel „Babyspeck“ muss denn noch weg?
Der ist noch nicht ganz weg (grinst). Ich bin am arbeiten, dass es auf kurze Sicht alles weg ist.

Was machen Sie für spezielle Übungen?
Ich habe ab der zweiten Hälfte der vergangenen Saison ganz viel an meiner Lauftechnik gearbeitet und an der Stabilisation meines ganzen Körpers. Ich habe viel Krafttraining gemacht, war mit Athletiktrainer Dennis Wellm meistens schon im Kraftraum, bevor die anderen kamen. Das ist das was ich brauche. Das physische soll mich irgendwann tragen. In der Vorbereitung habe ich sehr viele Intervallläufe, á 20 bis 30 Minuten.

Wie viel wiegen Sie jetzt?
110 Kilogramm

Als Sie nach Frankfurt gekommen sind, waren es 115 oder?
Es waren sogar ganz am Anfang 125. Das ging relativ schnell wieder runter. Im Verlauf der Saison hatte ich 117, 118 Kilogramm. Ich hab jetzt ein bisschen Muskelmasse aufgebaut und wie Sie so schön gesagt haben, ein bisschen Babyspeck abgebaut (grinst).

Sie sind erst mit 14 Jahren zum Basketball gekommen. Warum erst so spät?
Ich komme aus Eisenach und dort ist Handball die Sportart Nummer eins. Mein Vater hat Handball gespielt und dadurch sind mein Bruder Georg und ich auch dazu gekommen. Irgendwann lief es nicht mehr so gut. Meine Oma war zu der Zeit Schulleiterin in Eisenach und hat für ihre Schüler eine Einladung vom thüringischen Basketballverband zum Basketball-Camp nach Jena erhalten. Wir sind beide hin und haben die Anfrage bekommen, ob wir uns  vorstellen könnten, leistungsmäßig Basketball zu spielen. Ich habe  noch ein Jahr lang Handball gespielt, ehe ich nach Jena auf das Internat gewechselt bin.

Sind Sie also ins kalte Wasser gesprungen?
Wir sind ein wenig vorgeprägt gewesen, weil mein Opa Basketball-Trainer war. Wir sind also nicht ganz unvorbelastet gewesen.

Sie haben ja vorher auch noch Fußball gespielt?
Ja aber nur hobbymäßig. Ich war zunächst im Tor, aber das hat mir überhaupt keinen Spaß gemacht, ich wollte mitmachen. Dann war ich Libero und dann im rechten Mittelfeld. Ich wollte Tore schießen und mitmischen.

Sie haben im Sommer zum Kader der A-2Nationalmannschaft gehört und haben bei der Universiade in Kazan den 12. Platz belegt. In den beiden Jahren davor haben Sie bei der EM jeweils den 5. Platz mit der U20-Nationalmannschaft  erreicht und hatten viele Spielanteile. Wann sehen wir Sie im Trikot der A-Nationalmannschaft?
Ich werde natürlich daran arbeiten, um mittelfristig auch mal dort mitzuwirken. Wir haben auf der Center-Position in Deutschland ein ziemlich dicht besiedeltes Feld. Das ist aber keine Ausrede für mich. Ich möchte irgendwann ein Wörtchen mitreden wollen. Ob das jetzt in einem, zwei oder vier Jahren ist, das wird sich zeigen. Das hängt auch von Faktoren, wie der Gesundheit ab. Da mache ich mir jetzt aber keinen Druck. Auf lange Sicht ist es natürlich schon ein Ziel. .

Welche Anforderungen muss ein Center heute haben?
Was über die Jahre geblieben ist, ist die Physis. Man muss, wie es Marius beispiellos macht, Blöcke setzen können. Der Fünfer muss auch immer werfen können, was mir ganz gut in die Karten spielt.

Hatten Sie schon immer ein gutes Wurfhändchen?
Ich habe relativ schnell gelernt und hatte schon immer ein gutes Ballgefühl. Ich wüsste keine Ballsportart, die ich noch nicht gemacht hätte. Mit meinem ersten Trainer Lars Masell, der jetzt Co-Trainer bei Braunschweig ist, habe ich ganz viel Individualtraining gemacht und am Wurf gearbeitet.

Sie sind ja auch sehr guter Assistverteiler. In der Pro B waren es 3,0 im Schnitt und in der BBL haben Sie mal einen Pass über das ganze Feld zum Mann gebracht. Liegt Ihnen das?
Mir macht es Spaß, den Ball zu verteilen. Manchmal mache ich das auch zu viel. Ich muss da eine gute Balance finden.

In sechs Wochen beginnt für Sie die Saison bei Bayreuth. Welche Erwartungen haben Sie an die neue Spielzeit?
Ich glaube, dass kann man besser beantworten, wenn wir ein bis zwei Wochen als Team trainiert haben und die Mannschaft komplett ist. Ich erwarte, dass wir eine Mannschaft sind, die defensiv stark ist. Wir haben mit Tez (Quantez Robertson Anmerkung d. Red.) den besten Verteidiger der Bundesliga weiterverpflichtet und haben dazu viele junge deutsche und mit Jacob einen weiteren Arbeiter. Wir müssen uns alle unsere Sachen erarbeiten. Wir haben in der Offensive keine Überspieler. Wir müssen uns als Team finden und uns von nichts auseinanderbringen lassen. Dann wird sich zeigen, ob wir in Verletzungssorgen geraten oder nicht.

In der BBL wird ziemlich aufgerüstet. Insbesondere Bayern München macht mit spektakulären Transfers auf sich aufmerksam. Werden die Bayern auch den Deutschen Basketball über kurz oder lang dominieren?
Mit Sicherheit. So breit wie der Kader aufgestellt ist, kann vielleicht nur Bamberg das Tempo mitgehen. Über kurz oder lang wird das die dominierende Mannschaft sein. Es kommt natürlich drauf an, wie der Trainer dieses Star-Ensemble bei Laune hält. Im Basketball geht es schnell, dass man mal zwei Spiele hintereinander verliert, auch mit so guten Spielern. Das ist die Chance für alle anderen. Es werden alle versuchen und extra motiviert sein, die Bayern zu schlagen.

Was machen Sie neben dem Basketball noch?
Ich fange in diesem Wintersemester an, Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Uni Hagen zu studieren. Ich habe letztes Jahr gemerkt, dass es ohne etwas nebenbei zu machen auf Dauer langweilig wird und zweitens merkt man, dass der Kopf nicht mehr so mitarbeitet, wie man das will. Ich brauchte jetzt das Jahr, um ein bisschen reinzukommen und mich an das Leben eines Profis zu gewöhnen. Jetzt habe ich etwas, wobei ich mich mental auspowern kann.

Wie war eigentlich der Umzug von Jena nach Frankfurt?
Es war ein großer Unterschied. Jena war eine sehr schöne, junge Stadt. Mir wurde das hier sehr einfach gemacht. Die Skyliners sind als Standort sehr spielerfreundlich. Ich musste mir keine Wohnung suchen und einrichten, das wurde mir abgenommen. Ich hatte mit Danilo (Barthel) und Konsti (Konstantin Klein Anmerkung d. Red.) zwei Spieler, die ich kannte. Wir sind alle Sportler, das ging relativ schnell.

Wie haben Sie Ihre Freizeit verbracht?
Letztes Jahr habe ich in meiner Freizeit viel entspannt oder mit Konsti häufiger mal gezockt oder gekocht. Jetzt ist meine Freundin aus Kanada zurückgekommen und bei mir eingezogen. Das wird sich jetzt alles etwas verschieben.

Und Sie kochen gute Rosmarin-Kartoffeln hat Danilo Barthel im Fanmagazin einmal ausgeplaudert.
Ich habe mich schon immer sehr dafür interessiert und viel mitgekocht. Ich habe ein gewisses Händchen dafür.

Was kochen Sie am liebsten?
Ich mache mir sehr oft Fleisch.

 

 

3 Responses

  1. 1 # Oldman August 19 2013 @ 8:26

    Fein der Herbst kommt! Langsam geht es los. Danke für das Interview …

  2. 2 # Wettertom August 19 2013 @ 9:12

    „Wie war es, für Sie unter Katzurin zu trainieren?
    Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie. Man hätte sich manchmal ein bisschen mehr Dampf gewünscht. Unter Gordie ist das, wie ich schon mitbekommen habe, etwas anders.“

    Unter Gordie gibt es bestimmt mehr Dampf ;-)

  3. 3 # Maurizio August 19 2013 @ 14:06

    @ Timur,
    auf HR.Online stand es daß Gordie noch einen „Big man“ und einen guard sucht/braucht….noch ist es nicht sicher ob beide Positionen mit Ausländern besetzt werden…
    Also, wenn man doch noch einen Big man sucht, gibt es auf den deutschen Markt nicht mehr all zu viele Optionen, deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß daß unser Big man ein Ami wird…oder sehe ich es total falsch?!

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