skyliners.frblog.de

Fr 11.05.12 10:33

Abschlussinterview mit Marius Nolte Teil 1 „An Herz, Einstellung und Arbeitswillen insgesamt mangelte es dieser Mannschaft nie.“

Marius Nolte war der Kapitän und Leader der Skyliners in dieser Saison. Ich habe mich mit ihm zusammengesetzt und die Saison Revue passieren lassen. Im ersten Teil des Interviews geht es vor allem um Justin Gray, die Niederlagenserie und wie das Team den Umschwung geschafft hat.

Marius, mein erster Tag bei den Skyliners war euch in Kalbach beim Laktattest zuzusehen. Du hast ziemlich gepumpt. Erinnerst du dich dran?
Das ist schon so weit zurück. Ich kann mich gut dran erinnern. Da gab es ja auch einen kleinen Disput (grinst). (Die Zeitnehmerin wollte Marius eine Runde weiterlaufen lassen, obwohl er sein Pensum schon erfüllt hatte).

Schon da wart ihr nur zu fünft. Die Spieler sind nach und nach eingetrudelt. Jermareo hat sich aber gleich in seinem ersten Testspiel gegen Japan verletzt, Jimmy ist nicht mit ins Trainingslager gefahren, die Nationalspieler waren noch nicht da. Hattest du da schon ein mulmiges Gefühl?
Eigentlich nicht. Es ist oft so, dass die Vorbereitung mit weniger Spielern anfängt, weil die Nationalspieler unterwegs sind und andere Spieler später verpflichtet werden. Bei den Verletzungen hätte man vielleicht nervös werden können, aber die Stimmung, Einstellung und Ergebnisse in den Testspielen, haben kein mulmiges Gefühl zugelassen.

Gerade in den Testspielen hast du zweistellig gepunktet und immer mehr als 15 und 20 Minuten gespielt…
… sogar mehr. Meistens 35 Minuten, weil keiner da war. Da musste ich an meine Schmerzgrenzen gehen.

In dieser Zeit hast du vor allem von Justin profitiert und super pick and rolls mit ihm gespielt. Beschreib doch mal das Zusammenspiel zwischen euch beiden.
Es hat mir extrem viel Spaß gemacht mit Justin zusammen zu spielen. Ich hätte gar nicht erwartet, dass er so ein guter Passgeber ist, weil er mehr als Scoring Point-Guard, fast Shooting-Guard gehandelt wurde. Es hat mich gefreut, dass es so gut harmoniert hat. Man muss auch ehrlich sagen, dass Justin seine fitteste Zeit in der Vorbereitung hatte. Er kam aus China und stand zu dieser Zeit komplett im Saft. So fit wie er da war, war er danach nicht mehr – durch die Verletzung bedingt sowieso nicht mehr. Das war sehr schade und hat die Sicht ein bisschen verzerrt. In der Vorbereitung haben wir mit Justin als Dreh- und Angelpunkt eine sehr gute Ausrichtung gezeigt, die dann zu bröckeln fing, als Justin immer mehr Probleme mit seinem Knie bekam und dadurch die Mannschaft auch den Rhythmus verloren hat.

Zu Beginn war er doch aber umgeknickt und konnte schon dann nicht mehr so spielen, wie in der Vorbereitung.
Ich kann mich gar nicht mehr so genau daran erinnern. Das ist natürlich ein Problem, wenn einer den ganzen Sommer durchspielt, dann weiß man nie was passiert. Die Pause im Sommer ist für alle Spieler wichtig und es hat nicht so funktioniert wie man sich – und wie auch ich mir – das erhofft hatte. Mit Justin zu spielen, mit seiner Erfahrung, seinen Führungsqualitäten und von seinen Passqualitäten zu profitieren, war wirklich beeindruckend.

Er hat euch in den ersten Spielen getragen, auch wenn ihr das erste Spiel gegen Oldenburg verloren hattet, hat er für euch die Spiele in Tübingen und mit seinem Buzzer-Beater gegen Würzburg gewonnen.
Die Niederlage gegen Oldenburg war deprimierend. Das hatten wir uns ganz anders vorgestellt. Mit den Siegen danach, waren wir wieder im Soll. In Tübingen muss man erst einmal gewinnen und das Spiel gegen Würzburg war sehr dramatisch. Bis dahin war eigentlich alles ok. Hinter der Fassade hat man da aber schon gemerkt, dass es nicht ganz gut aussah. Wir hatten viel schlechter gespielt, als in der Vorbereitung. In der Offensive lief es nicht besonders. Man hat gemerkt, dass Justin einen Schritt langsamer wurde. Das Bonn-Spiel hat uns da nochmal die Augen geöffnet und die negative Trendwende eingeleitet.

Du hast es angesprochen, dann folgte eine Serie mit sieben Niederlagen in Folge. Bis auf die Niederlage gegen Ulm, waren die Ergebnisse sehr deutlich.
Das Spiel gegen Ulm war sehr knapp und wenn wir gewonnen hätten, hätte die Saison vielleicht ganz anders aussehen können. Wir hatten sehr viele deprimierende Niederlagen dabei. Wir hatten aber auch Niederlagen dabei, in denen wir uns ganz gut verkauft haben, wo vielleicht auch das Quentchen Glück gefehlt hat und wir letztlich auch deswegen sieben Spiele in Folge verloren haben. Nach der Niederlage gegen Trier war die Stimmung richtig im Keller.

Zuvor musstet ihr ja auch die Hiobsbotschaft hinnehmen, dass Justin erst einmal ausfällt. Wie habt ihr das aufgefasst?
Das haben wir so gar nicht mitbekommen. Es ist oft so, dass uns gegenüber keine konkreten Aussagen getroffen werden – und das ist auch gut so. Damit sollen wir uns als Spieler auch gar nicht beschäftigen. Darüber nachzugrübeln macht uns nicht besser. Insofern war meine Hoffnung, dass Justin sich zwei, drei Wochen ausruht und wieder Energie sammelt. Ich hab das nicht so dramatisch gesehen und nicht gedacht, dass das wirklich sein letztes Spiel wird.

Wie war es dann ohne ihn zu spielen? Zumal ja noch die europäischen Spiele dazukamen. Haben die euch in dieser Phase nicht zu sehr belastet?
Für einige Spieler, wie Mike waren die Spiele extrem wichtig. Er konnte sehr viel Erfahrung sammeln und sich in seine neue Rolle reinmanövrieren, wie wir ihn dann am Ende auch gebraucht haben. Die Reisen und andere Länder zu sehen ist was Tolles. Ich fühle mich privilegiert, dass machen zu dürfen. Es schlaucht aber auch ganz schön. Vor allem wenn man die Spiele verliert, obwohl einige davon sehr knapp waren.

In der Türkei hättet ihr zum Beispiel gewinnen können.
Wir hätten auch Spiele gewinnen müssen. Wir haben auf europäischer Ebene keinen schlechten Basketball gezeigt und konnten sehen, dass wir auch mit Teams in Europa mithalten können. Auf der anderen Seite war es schon eine hohe Belastung durch die Reisen und die Niederlagen. Sonst interessiert sich kaum einer für die Spiele in Europa. Wenn man dann aber Spiele verliert, sind es auf einmal zehn Niederlagen in Folge und nicht nur die sieben in der Liga. Das hat uns mit Sicherheit auch wehgetan. Aber Mikes Steigerung oder wie Jimmy Führungsqualitäten entwickelt hat kamen durch die Spielpraxis. Dafür waren die europäischen Spiele schon wichtig.

Michael hat ja dann in der Woche drauf gleich sein erstes Spiel über 40 Minuten in München machen müssen in München – und auch ganz ordentlich gespielt. Obwohl ihr dicht dran wart, habt ihr es am Ende nicht geschafft euch die Rebounds zu holen.
Das war auch ein Gesicht, das wir in dieser Saison gezeigt haben. Wir waren sehr verunsichert, dann klappen die kleinsten Kleinigkeiten nicht mehr. Es hat in dieser Phase nicht sollen sein.

Dann kam aber das Spiel gegen Hagen und ihr konntet erst einmal durchatmen, weil ihr ein Spiel gewonnen hattet. Wie groß war die Erleichterung?
Es war sehr emotional. Wir haben gefeiert und waren froh endlich mal wieder gewonnen zu haben. Es war ein besonderes Spiel für Jon, der locker aufgespielt hat und wohl wusste, dass es zurück nach Amerika geht. Da ist wohl auch der Druck von ihm abgefallen und er hat entfesselt gespielt, so wie wir ihn in der Vorbereitung kennengelernt hatten. Im Rückblick habe ich das Spiel aber aufgrund der folgenden Spiele gar nicht so besonders empfunden.

Mitte der Woche hattet ihr euer letztes Spiel im Eurocup, das gleichzeitig das letzte Spiel für Jon war. Das hieß, gegen Bayreuth hattet ihr wieder ein komplett anderes Team und deshalb ein andere Rotation. Habt ihr auch deshalb das Spiel verloren?
Vielleicht war mir das Hagen-Spiel deshalb nicht mehr so stark in Erinnerung, weil wir die Heimspiele nicht gewinnen konnten. Klar was auch wieder ein Faktor.

Nach dem Bayreuth-Spiel stieß Jacob dazu. Was hast du von seiner Verpflichtung gehalten?
Ich kannte ihn ja aus Hagen. Ich habe ihn immer für einen sehr guten, aggressiven Spieler gehalten. Ich konnte nicht so richtig verstehen, wie er es dann nach Spanien geschafft hat. Ich wusste, er konnte attackieren und werfen, aber er hat bei Hagen gespielt, die nicht unbedingt erfolgreich waren. Als er dann zu uns kam, habe ich seine richtigen Qualitäten kennengelernt und die hat er auch gezeigt. Ich kann mich noch erinnern, nach dem Sieg in Braunschweig habe ich gesagt, dass könnte der Beginn von etwas gutem gewesen sein.

Was hat sich geändert?
Wir haben angefangen unsere Spielstil umzustellen. Durch die wenigen Spieler konnten wir nicht mehr unser Tempo gehen, sondern mussten es drosseln und haben gemerkt, dass uns das gut tut. Wir angefangen den Gegnern unser Tempo aufzuzwingen. Über diese defensive Einstellung haben wir uns von Spiel zu Spiel gekämpft. Und dann kam für mich das emotionalste Spiel gegen Göttingen. Vor dem Spiel war Tim ausgefallen und Mike war raus. Und da mit fünfeinhalb Spielern zu gewinnen – ich habe selbst nur 6:14 Minuten gespielt – mit der Brisanz als Abstiegsduell, das war schon was ganz besonderes. Da hat man auch gesehen wie viel Willen in der Mannschaft steckt. An Herz, Einstellung und Arbeitswillen insgesamt mangelte es dieser Mannschaft nie. Vielleicht manchmal an Erfahrung oder Cleverness. Man hat aber von Anfang an gemerkt, dass der Zusammenhalt und der Wille da ist und das ist nicht etwas was man sich erarbeiten kann. Gerade das hat mich immer optimistisch gestimmt und daran werde ich mich immer zurückerinnern. Zu gewinnen ist immer einfach, aber als Team gemeinsam zu verlieren ist schwierig. Da nicht auseinanderzubrechen und sich gegenseitig zu zerfleischen das ist nicht ganz einfach. Das ist in dieser Saison nicht passiert und hat es auch in dieser Saison zu etwas besonderem gemacht, auch wenn es letztlich nicht von Erfolg gekrönt war.

One Response

  1. 1 # MAG Mai 14 2012 @ 9:40

    Sehr schönes Interview…freue mich auf den nächsten Teil.

    Marius hat das Amt des Kapitän auf jedenfall mit der Note 1A ausgfüllt und genießt nicht nur deswegen innerhalb der Mannschaft hohe Anerkennung. Das haben ihm wohl nicht alle vor dieser Saison zugetraut – aber ich freue mich ungemein für ihn. Er ist ein würdiger Captain! :-)

Schreibe einen Kommentar

Die mit * gekennzeichneten Felder, sind Pflichtfelder.

Um Spam zu vermeiden, füllen Sie bitte das Captchafeld aus. * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.