Sa 05.03.16 14:01
„Irgendwann ist der Zeitpunkt, wo sich die Wege trennen“
Am Donnerstag hat sich Danilo Barthel einmal komplett frei genommen. Keine Extraschicht im Kraftraum, wie er es sonst an freien Tagen macht. „Wir haben in 30 Tagen zehn Spiele, da ist es heute mal besser komplett zu pausieren.“ Auf dem Plan stand nur ein Friseurtermin, Essen gehen mit den Mitspielern, zu Hause relaxen und, ach ja, ein Interview mit mir. Fünf Jahre ist der 24-Jährige mittlerweile in Frankfurt und ist eine feste Größe bei den Skyliners. Er war das erste Talent, das die Skyliners mit Blick auf die Zukunft holten. Gordon Herbert war in der PK von Barthels starker Physis nach seiner Fingerverletzung beeindruckt. Dafür hat der 2,07 Meter große Flügelspieler sich auch geschunden und sehr viel an seinem Körper gearbeitet. Warum er das tut, wie er das tut und welche Ziele er mit den Skyliners und in seiner Karriere noch hat, könnt ihr im Folgenden erfahren.
Danilo, Du bist jetzt in deiner fünften Saison hier. Nur Tez ist länger bei den Skyliners. Ist Frankfurt zu deiner Heimat geworden?
Ja, mittlerweile schon. Ich bin kaum noch in meiner Geburtsstadt Heidelberg, auch wenn es so nah ist. Ich wohne mit meiner Freundin im Westend. Ich fühle mich in Frankfurt zu Hause.
Wie siehst Du die Entwicklung des Klubs seitdem Du hier bist?
In meinen ersten zwei Jahren war Frankfurt einer der Top-Klubs der Liga und ordentlichen Mannschaften, mit denen es irgendwie nicht geklappt hat. Dann kam der Umbruch mit dem Dreijahresplan und der Entscheidung, auf die jungen Spieler zu setzen. Das war auch der richtige Weg. Der Erfolg spricht für sich.
Ist die aktuelle Skyliners-Mannschaft, die stärkste in der Du spielst?
Von den Namen her würde ich sagen nein, aber von dem, wie es zusammenpasst und wie alle füreinander spielen, auf jeden Fall. Die Resultate zeigen, dass es so ist. Die Stimmung und das ganze Drumherum ist in diesem Jahr etwas ganz Besonderes.
Was macht es so besonders?
Es halten alle zusammen, wir verstehen uns alle gut, es kam nie zu irgendwelchen Streitigkeiten. Jeder im Team hat seine Rolle gefunden. Es ist ein funktionierendes Uhrwerk.
Einer, der dich seitdem du hier bist begleitet ist Co-Trainer Klaus Perwas. Welche Rolle spielt er in deiner Entwicklung?
Ich habe Klaus fast alles zu verdanken. Ich weiß gar nicht wie viele Stunden wir zusammen in der Halle verbracht haben. Gerade in meinen ersten drei Jahren. In dieser und auch schon in der vergangenen Saison kann ich durch die Doppelbelastung nicht mehr so viel Individualtraining machen, sondern muss das auf den Sommer verschieben. Aber als ich hier angefangen habe, habe ich teilweise bis zu vier Stunden mit Klaus in der Halle gestanden. Er war jederzeit dazu bereit. Wenn er sieht, dass jemand hungrig ist und arbeiten will, dann hilft er ihm gerne weiter. Ich habe mich so gut entwickelt, weil er genau die richtigen Methoden und Tricks hatte, um mich einen Schritt weiterzubringen.
Wie lief das ab?
An einem Montag ist es der Wurf, am Dienstag ist es der drive, am Mittwoch mache ich Eins-gegen-Null-Verteidigung. Man arbeitet an Stärken und Schwächen. Mit Klaus wird das komplette Paket abgedeckt.
Vor allem körperlich hast du dich extrem verändert. Ich sag mal vom Hänfling in Anführungszeichen…
…Ja ne Bohnenstange war ich schon (grinst). Ich glaube, ich bin mit 95 Kilogramm hergekommen. Ich bin jetzt bei 110. Die 15 Kilo machen schon einen Unterschied. Ich kann mich jetzt besser durchsetzen. Genauso viel, wie ich mit Klaus zusammengearbeitet habe, habe ich mit Athletiktrainer Dennis Wellm im Fitnessraum und auch alleine gearbeitet. Ich bin jemand, der an freien Tagen normalweise im Kraftraum arbeitet. Das ist schon alleine meinem Rücken geschuldet, der das braucht. Mit der Zeit habe ich auch Gefallen daran gefunden, mich zu quälen. Es ist immer gut wenn man Erfolge sieht, wenn man Entwicklungen sieht. Das motiviert einen weiterzumachen.
Du hast ja auch viele Videos von deinem Training gepostet. Du probierst sehr viel neues aus, wie etwa mit den Zugseilen…
Den 4D-Pro-Trainer hat mir mein Physiotherapeut in Heidelberg gezeigt, mit dem ich, als ich die Rückenprobleme hatte, extrem viel gearbeitet habe. Er hat mir geholfen, dass ich wieder so schnell fit geworden bin. Da haben wir viel mit dem Gerät gearbeitet, dass ich mir auch bestellt habe damit ich auch unter der Saison trainieren kann. Da reichen 20 Minuten aus, um den Rücken gut zu stabilisieren. Das wichtige sind diese neuen Methoden. Da hilft es auch, dass Dennis ein junger, hungriger Athletikcoach ist, der sich immer neue Sachen aneignet, sich einliest. Er hat mir ebenfalls viel mit meinem Rücken geholfen. Wir versuchen aus den unterschiedlichen Quellen, das beste rauszuziehen. Ich merke was mir guttut und versuche das weiterzuführen.
Hast du noch Schmerzen am Rücken?
Ich bin jetzt komplett schmerzfrei. Als ich im Oktober wieder angefangen habe, war ich nicht 100 Prozent fit, aber ich habe keine Schmerzen mehr im Rücken.
Und beim Finger auch alles super?
Ja, er ist nur ein bisschen krumm (grinst). Der wird nicht mehr ganz gerade. Er ist ganz gut verheilt und ich kann ihn ganz gut bewegen. Im Training und im Spiel trage ich noch eine Schiene, die ich mir speziell habe anfertigen lassen, damit da nichts passiert. Eigentlich hieß es ja, dass ich sechs bis acht Wochen brauche. Ich habe nach vier Wochen mit dem Arzt gesprochen, ob da nicht irgendwas möglich ist.
Es war schon klar, dass du gegen Alba spielen wolltest.
Klar. Sei es auch nur fünf Minuten und ich paar Rebounds hole und verteidige. Mein Ziel war, dass ich im Pokal mitspielen will. Der Knochen war auch wieder ganz gut zusammengewachsen und dann habe ich mit der speziellen Schiene gespielt. Natürlich ist es nicht optimal, dass an meiner Wurfhand eine Plastikschiene ist, aber es funktioniert.
Wie sehr nagt die Pokal-Niederlage noch an euch?
Ich hab es nicht mehr im Kopf. Danach war man natürlich extrem frustriert durch so einen Wurf zu verlieren. Wir haben nicht unser bestes Spiel gemacht, aber wir waren bis zum Ende auf Augenhöhe im Duell mit einem Top-3-Team, die letztlich auch den Pokal gewonnen haben. Wir versuchen daraus zu lernen. Ich hoffe, wir haben noch das ein oder andere do-or-die-Spiel in diesem Jahr. Dann mit dem besseren Ausgang für uns.
Was zieht man aus diesen Niederlagen gegen Berlin und Bamberg?
Wir haben in allen Spielen positive und negative Sachen gezeigt. Gegen ein Top-Team wie Bamberg muss man 40 Minuten gut spielen, um eine Chance zu haben. In der ersten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir uns vor niemanden verstecken müssen – in dieser Saison sowieso nicht. Wenn wir als Team unseren Basketball spielen, sind wir nur ganz schwer zu schlagen. Wir haben neun Spieler, die zweistellig punkten und 25 bis 30 Minuten spielen können.
Du warst in dieser Saison zwei Mal verletzt. Denkt man dann man manchmal: Verdammt warum ich schon wieder?
Ich war eineinhalb Jahre verletzungsfrei und in der Zeit habe ich einen sehr großen Sprung gemacht. Natürlich fragt man sich, wie wäre es ohne diese Rückschläge gelaufen. Ich versuche, das Beste daraus zu machen. Als ich am Finger verletzt war, habe ich geackert ohne Ende und es dadurch geschafft, so wenig wie möglich von meinem alten Niveau – gerade was das körperliche angeht – zu verlieren. So war ich schnell wieder fit und konnte dem Team schnell helfen.
Hast Du auch etwas an deiner Ernährung geändert?
Ich achte vor allem darauf, dass ich kontinuierlich esse. Ich habe Probleme mein Gewicht zu halten. Bei mir ist es extrem wichtig, dass ich nicht nur drei Mahlzeiten am Tag zu mir nehme. Ich esse zwei Mal am Tag warm. Heute morgen habe ich mir zum Beispiel fünf, sechs Eier gemacht, esse zwei Scheiben Vollkornbrot, Quark und Obst dazu. Also ein richtig deftiges Frühstück und zwischendrin esse ich immer noch Kleinigkeiten. Wir trainieren so viel, da kann man sich auch einiges reinhauen.
Das hat ja auch viel mit Veranlagung zu tun.
Wir machen immer Spaß über Steffi (Stefan Ilzhöfer, Anm. d. Red.). Es ist unglaublich wie viel er essen kann, aber er nimmt nicht zu (grinst). Bei mir ist es anders. Wenn ich mal ein, zwei Tage nicht darauf achte was ich esse und nur eine warme Mahlzeit zu mir nehme, merke ich am nächsten Tag: Oh, da ist ein Kilo weg.
Am Sonntag geht es gegen Ulm, die sich nach einem schwachen Saisonstart gefangen haben und sechs Spiele in Folge gewonnen haben. Wie gefährlich sind sie?
Extrem gefährlich. Seit dem Spiel gegen uns (61:68, Anm. d. Red.) haben sie die Kurve bekommen. Sie haben sehr gute Spieler, mussten sich erst aber an das neue System gewöhnen. Sie haben sonst immer mit einem dominanten Big Man gespielt, jetzt spielen sie ein bisschen kleiner, sind schwer auszurechnen. Sie haben, ähnlich wie wir, neun Spieler, die zweistellig punkten können. Gerade Per Günther, der ein erfahrener Point-Guard ist, bringt sehr viel Ruhe rein und lenkt das Team. Ihn aus dem Spiel zu nehmen, ist sicher ein Schlüssel für den Erfolg.
Auch in Hinblick auf die Playoffs und das Heimrecht ist es eine wichtige Partie.
Wir wollen natürlich Vierter werden, das wäre ein großer Schritt für uns. Das Spiel gegen Ulm ist nicht nur ein Vier-Punkte-Spiel, sondern fast ein Sechs- oder Acht-Punkte-Spiel. Wir haben noch eine Rechnung aus dem Hinspiel offen. Wir haben nicht viele Spiele in der Hinrunde verloren. Gegen Bayreuth haben wir unseren Fehler wieder ausgebügelt. Gegen Ulm wollen wir es zu Hause auch besser machen.
Ihr habt ja großes vor in dieser Saison. Wie heiß seid ihr auf einen Titel?
Es läuft gut. Wir habe uns vor der Saison hohe Ziele gesetzt und nur wenn man sich hohe Ziele setzt, kann man als Mannschaft was erreichen. Wir sind im dritten Jahr des Dreijahresplans, wir haben eine gute Mannschaft. Wir müssen schauen, dass wir gewisse Erfolge einfahren.
Dein Vertrag läuft Ende der Saison aus. Gibt es schon Pläne, wie es weitergeht?
Nein, gar nicht. Ich habe meinem Agenten gesagt, dass ich mich voll auf Frankfurt und diese Saison konzentrieren will. Und am Ende wird sich entscheiden, was passiert.
Was spielt für Dich in der Entscheidungsfindung da eine Rolle? Geld? Perspektive?
Da spielt alles eine Rolle. Natürlich muss man auch irgendwann schauen, dass auch das Geld stimmt. Man hat nur eine begrenzte Zeit, in der man Geld verdienen kann. Gleichzeitig ist für mich, deswegen hatte ich mich damals auch für Frankfurt entschieden, die Perspektive und die Entwicklungschancen wichtig. Es ist auch wichtig, auf welchem Level man spielen kann. Irgendwann will man nicht nur Underdog für die Deutsche Meisterschaft, sondern dauerhafter Kandidat sein. Man möchte Euroleague oder Eurocup spielen können. Man möchte noch einen Schritt weitergehen. Ich sage immer, wenn es mit Frankfurt ist: optimal. Aber gleichzeitig muss man immer realistisch sein und die Möglichkeiten nach der Saison abwägen.
Eine mögliche Perspektive könnte die neue Halle sein. Verfolgt man das als Spieler?
Sicherlich. Das begleitet mich schon seit ich hier bin. Es ist natürlich eine Frage der Zeit, bis die fertig ist.
Drei Jahre sicher.
Eben. Ich bin jetzt 24 und spiele, wenn es gut läuft, bis 34. Das muss man beachten.
Spielt es eine Rolle, was Konsti und Joe machen?
Bisher haben wir alle drei keinen Kopf dafür. Ich hatte mit meinen zwei Verletzungen nur im Kopf, wie ich wieder fit werde und wieder spielen kann. Ich habe von Joe mal gehört, dass er sich auch nicht damit beschäftigt hat. Wir sind seit einer Weile zusammen, harmonieren gut auf dem Feld, aber irgendwann ist der Zeitpunkt, wo sich die Wege trennen.