Fr 10.02.12 19:18
„Ich mache jeden Tag eine Extraschicht“
Während ich in die Trainingshalle der Skyliners laufe, macht Danilo Barthel gerade Stretchübungen. Der 20-Jährige ist auch nach den Trainingseinheiten immer noch in der Halle zu sehen, wie er Extraschichten schiebt. Muli Katzurin lobt Barthel, der im Sommer sein Abitur in Heidelberg gemacht hat, in den höchsten Tönen. „Danilo ist einer der wichtigsten Spieler in der Zukunft für diesen Verein.“ Derzeit arbeite das Trainerteam auch sehr viel individuell mit ihm an seiner Technik. In erster Linie ist Barthel eine gute Persönlichkeit, sagt Katzurin. „Er ist ein exzellenter Athlet, für seine Größe sehr schnell, ein guter Rebounder und guter Passer.“ Er müsse sich in das Team einbringen und den Ball wollen. Derzeit spiele er noch nach seinen Gewohnheiten. Jetzt gehe es darum, ihm diese abzugewöhnen und ihn dazu zu bringen aktiver zu werden. Was Danilo selbst zu seiner Entwicklung und seiner Rolle in Frankfurt sagt, erfahrt ihr im Folgenden.
Danilo in Ludwigsburg hast du dein Comeback gegeben. Die Rückkehr auf das Parkett hättest du dir sicherlich anders vorgestellt?
Das wir mit 25 Punkten am Ende verloren haben ist natürlich bitter. Ich freu mich aber immer wenn ich in der BBL Spielzeit bekomme und nehme dann immer das positive mit.
Zuvor warst du verletzt. Was war genau passiert?
Ich hab mir am Mittelfinger ein Band samt Knochenstück rausgerissen. Ich hab jemanden im Training geblockt und bin dann auf den Boden gefallen und dumm gelandet. Das war sehr schmerzhaft. Es ist noch sichtbar und ich muss es tapen.
Wie sehr hat dich das geärgert? Zumal gerade in dieser Zeit viele verletzt waren und du sicherlich viel Spielzeit bekommen hättest.
Das hat mich sehr, sehr gewurmt. Ich profitiere ja von den Abwesenheiten von den großen Spielern und in der Zeit war ja auch Tim mit seinem Blinddarm raus. Da wäre sicher die ein oder andere Minute rausgesprungen.
In den ersten Spielen hast du regelmäßig gespielt, hattest immer mindestens zehn Minuten Spielzeit. Hat dich das überrascht?
Natürlich war ich überrascht. Ich bin mit dem Ziel hierhergekommen im Training viel zu lernen und in der Pro B Spielzeit zu bekommen. Dass es von Anfang an so gut geklappt hat war natürlich erstaunlich.
In Tübingen standest du sogar in der Starting Five und hast in dem Spiel acht Punkte gemacht. War das bislang dein bestes Spiel?
Das war bisher das Highlight. Ich hatte am Anfang einen guten Run und hab mich dann mit ein paar schnellen Fouls (4 Fouls) rausgebracht.
In den folgenden Spielen bist du nur noch sehr wenig oder gar nicht mehr zum Einsatz gekommen. Hast du dich darüber geärgert?
Nein. Das hing natürlich auch mit der Rückkehr von Jermaero zusammen. Ich versuche immer positiv zu bleiben, im Training alles zu geben und mir die Spielzeit zurückzuerobern.
Der Saisonstart war ja nicht gerade gut. Ihr habt zehn Spiele wettbewerbsübergreifend verloren. Hat dich das auch belastet?
Klar das belastet einen immer wenn das Team so eine Talfahrt hat. Aber das Team hat gezeigt, dass es wieder aus dem Tief rausgekommen ist und hat immer zusammengehalten. Auch so eine Phase ist eine gute Erfahrung.
Du hast die Wende angesprochen. Was war aus deiner Sicht der Schlüssel dafür?
Ich denke, dass letztlich die sieben Spieler die noch da waren zusammengehalten haben und bewiesen, dass sie 40 Minuten voll Gas geben können.
Hing es auch damit zusammen, dass ihr das System vom Trainer mit der Zeit besser verstanden habt? Gerade in der Defensive habt ihr euch richtig gesteigert.
Sicherlich. Wir machen deutlich, dass wir nur über unsere Defensive Spiele gewinnen können und das Tempo kontrollieren müssen. Wir fügen uns immer besser in das System ein.
Vor den Spielen gegen Gießen und Ludwigsburg hattet ihr noch die Chance eventuell an den Playoffs schnuppern zu können. Was bleibt nach den Niederlagen noch als Ziel übrig?
Das Ziel ist, jedes Spiel was wir noch haben zu gewinnen. Wir schauen immer von Spiel zu Spiel und was nach oben möglich ist wird sich dann zeigen.
Du bist jetzt seit Sommer Profi. Haben sich deine Erwartungen an das Profisein erfüllt?
In vollen Zügen. Ich hab mir vorgenommen viel zu trainieren. Ich mach immer noch Extraschichten, bin viel im Kraftraum. Und das ist was ich mir auch erwartet hatte, das ich mich voll auf Basketball konzentrieren kann und nichts mehr nebenbei zu haben.
Du hast also auch kein Studium nebenbei?
Nein, bisher noch nicht.
Du spielst noch in der Pro B. Wie wichtig ist das für dich und ist vielleicht eine intensive Trainingseinheit mit der Profimannschaft nicht sogar besser?
Ne, auf keinen Fall. Ich denke, das sind zwei ganz verschiedene Sachen. Es ist sehr wichtig für mich, dass ich in der Pro B auch eine Führungsrolle übernehmen und meine Würfe nehmen kann. Und ich kann meine Moves, die ich im Training lerne umsetzen. Bei den Profis bin ich ein Rollenspieler, der schaut gute Blöcke zu setzen, zu rebounden und seinen Spieler zu verteidigen. In der Pro B bin ich ein Spieler, der scoren muss, der die Mannschaft führen muss. Und das ist für mich sehr wichtig.
In Ludwigsburg hab ich beobachtet, dass du ein paar Mal die Gelegenheit hattest zu werfen, den Ball aber weitergepasst hast. Ist es der Respekt vor deinen Mitspielern dann nicht zu werfen oder traust du dich da vielleicht nicht?
Trauen ist so eine Sache, aber ich schaue auf die Percentage. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass Jimmy neben mir steht, dann gebe ich den Ball weiter, weil er den Ball mit höherer Wahrscheinlichkeit rein schmeißen wird, als ich. Wenn ich einen offenen Wurf habe, zögere ich eigentlich nicht und knall das Ding auch drauf.
Du hast ja eine ganz gute Percentage mit 60 Prozent, allerdings nur bei 20 Würfen. Gilt es dann für dich in den kommenden Spielen mit mehr Minuten auch ein paar mehr Würfe zu nehmen?
Wenn ich offene Würfe haben werde, werde ich die auch nehmen. Ich werde aber nichts erzwingen.
Von welchen deiner Mitspieler profitierst du denn am meisten. Wer gibt dir die meisten Tipps?
Das ist ganz unterschiedlich. Ich spiele sehr oft im Training mit Marius zusammen. Er gibt mir natürlich einiges von seiner Erfahrung mit, vor allem was das reden in der Defensive angeht. Von den Moves her, habe ich zu Beginn der Saison viel von Jon lernen können, weil er ein ähnlicher Spielertyp wie ich ist. Zurzeit arbeite ich vormittags gemeinsam mit Tim viel am Low-Post. Da zeigt er mir einiges, weil er da ziemlich gut ist.
Mit welchen Mitspielern hast du am meisten auch privat zu tun?
Am meisten mache ich natürlich mit Falko. Wir gehen abends ab und zu mal weg oder was essen. Wir kennen uns schließlich seit Jahren aus den Jugendnationalmannschaften.
Hast du eigentlich von Frankfurt ein bisschen was sehen können in der Zeit in der du mittlerweile hier bist?
Ja schon einiges. Meine Freundin bringt mich immer wieder dazu, raus aus dem Nordwestzentrum zu kommen.
Bist du noch da noch ab und zu in deiner Heimatstadt Heidelberg?
Wenn wir einen freien Tag haben nutze ich die Zeit und fahre nach Hause.
Du bist erst 20 Jahre alt. Was sind deine Ziele für die Zukunft?
Mein Ziel ist es, in den nächsten Jahren Vollgas zu geben und mir einen Stammplatz in einer festen Achter, Neuner-Rotation in einer Bundesligamannschaft zu erarbeiten. Alles was darüber hinausgeht, sei es Nationalmannschaft, darauf schaue ich gar nicht, weil das in so weiter Ferne ist.
Was würdest du als deine Stärken, aber auch deine Schwächen bezeichnen?
Meine Stärke ist, dass ich als großer Spieler sehr beweglich bin und einen guten Wurf von außen habe, was dann auch gleichzeitig meine Schwäche ist, da ich oft beim Low-Post und unter dem Korb noch ein bisschen instabil bin. Das muss ich auf jeden Fall noch verbessern.
Du hast es selbst schon gesagt. Du machst Extraschichten. Wie oft trainierst du nach dem Training noch? Jeden Tag, so wie die Stretchübungen gerade?
Das gerade eben waren Rückenübungen, die ich zweimal täglich machen muss. Grundsätzlich bin ich jeden Morgen, auch wenn wir frei haben, im Kraftraum und werfe oder trainiere mit den Trainern. Ich mache jeden Tag eine Extraeinheit.
Wie viele Würfe nimmst du dann in diesen Extraschichten?
Zwischen 150 und 200.
Wie bereitest du dich auf die Spiele vor. Machst du irgendwas Spezielles?
Eigentlich nicht. Ich entspann mich, leg mich bisschen auf die Couch und höre Musik damit ich den Kopf frei bekomme.
Hast du irgendwelche Marotten oder einen Aberglauben vor den Spielen? Zum Beispiel zuerst den rechten Schuh anziehen oder irgendwas in der Art?
Ne, so etwas brauch ich nicht.
Am Samstag steht das Spiel gegen Braunschweig an. Was müsst ihr jetzt tun, um euer erst drittes Heimspiel zu gewinnen?
Wir müssen weitermachen, wie vor den zwei Spielen gegen Gießen und Ludwigsburg. Wir müssen das Tempo kontrollieren und durch unsere Defense in die Offense kommen. Also hinten Stopps erzwingen und Fastbreaks laufen. Vorne müssen wir eine gute Wurfauswahl treffen und eine hohe Prozentzahl erreichen, was wir in den letzten zwei Spielen leider nicht hatten.
Danke für das nette Interview. Danilo Barthel wird bestimmt seinen Weg machen. Das nach oben schielen in der Tabelle hat sich ja vorerst erledigt – wenn das Team auch nicht wieder nach unten rutsch, wird er sicherlich seine Minuten sehen.