Fr 16.11.12 21:10
„Es ist cool an meinen Geburtsort zurückzukehren“
Dion Dowell kehrt am Sonntag in seine Geburtsstadt Berlin zurück. Ein guter Zeitpunkt sich mit dem jungen Familienvater (Dion Junior ist 11 Monate alt) zusammenzusetzen. Vater und Mutter waren Mitte der 80er bis Anfang der 90er in Berlin, als Soldaten stationiert. Anschließend kehrte die Familie, als Dion sechs Jahre alt war in die USA nach Texas zurück. An der University of Texas studierte er im Hauptfach Soziologe, während er seine Basketballkarierre verfolgte. Nachdem er es nicht in die NBA geschafft hatte, führte sein Weg nach Israel, wo er im Jahr 2010 Meister wurde. Seit diesem Jahr schnürt er die Basketballschuhe für die Skyliners. In 25:53 Minuten erzielt der 27-Jährige im Schnitt 9,4 Punkte und schnappt sich 4,5 Rebounds. Beeindruckend ist seine Quote von Außen: 46 Prozent seiner Dreier finden ihr Ziel. Im Gespräch erzählt er unter anderem sehr reflektiert über die Probleme zu Beginn der Saison und was er in Frankfurt noch unbedingt machen will.
Dion, am Sonntag fahrt ihr nach Berlin, die Stadt in der du geboren wurdest. Mit welchen Gefühlen fährst du dorthin?
Es ist cool an meinen Geburtsort zurückzukehren. Ich war nicht mehr dort, seit ich mit sechs Jahren weg bin. Ich bin gespannt darauf, gegen eines der stärksten Teams in Deutschland und Europa zu spielen. Für uns ist die Chance zu sehen, wo wir stehen. Ich hoffe, wir können mit einem Sieg im Gepäck nach Hause fahren, auch wenn es schwer wird. Wir wollen das Momentum aus dem letzten Spiel mitnehmen.
Erinnerst du dich an etwas aus deiner Kindheit in Berlin?
Es hat eine Menge geschneit. Ich erinnere mich an einen Feiertag, wo sie ein großes Zelt aufgebaut und eine Menge getrunken haben. Es wurde auch Musik gespielt. Ich weiß allerdings nicht mehr, welcher Feiertag das war. Ich hätte nie gedacht, dass ich nach Berlin als professioneller Basketball-Spieler zurückkommen würde.
Lass uns über das Spiel gegen Braunschweig sprechen. Es war ein sehr knappes Spiel. Was war der Schlüssel zum Sieg in diesem „ugly game“?
Es war ein „ugly game“, aber es immer besser solche Spiele zu gewinnen, als zu verlieren. Wir haben am Ende in der Defensive einige gute plays und stops gemacht. Und wir haben in der zweiten Halbzeit besser getroffen, als in der ersten Hälfte.
Du hast 40 Sekunden vor Schluss den Ball verloren und anschließend den Block gemacht. Beschreib doch mal die Situation aus deiner Sicht.
Ich hätte den Wurf nehmen sollen, habe aber stattdessen zu meinem Mitspieler geschaut. Ich dachte, er würde reinschneiden. Ich war froh, dass ich es danach mit dem Block wieder gut machen konnte. Ich hab an das Spiel gedacht, wo wir knapp mit drei Punkten (gegen MBC Anmerkung d. Redaktion) verloren haben. Solche engen Spiele können in beide Richtungen ausgehen.
Wie ist es für dich von der Bank zu kommen und nicht mehr als Starter aufzulaufen?
Ich spiele nur Basketball. Ich mache dasselbe, egal ob ich starte oder von der Bank komme. Ich schaue nicht darauf, als ob es etwas Schlechtes wäre. Wichtig ist, dass ich meine Leistung bringe und in der crunch-time da bin. Ich feuere meine Mitspieler an: Danilo, Zack oder Marius und wenn meine Zeit gekommen ist, bin ich da.
Hast du in Israel mehr die 3 oder die 4 gespielt?
Beides. Im letzten Jahr war es nur die 4. In den zwei Jahren davor, war es 50 Prozent die 3 und 50 Prozent die 4.
Du bist ja nicht der typische Power-Forward, der unter dem Korb spielt…
… ich bin mehr der Guard-Forward, der wirft und den Ball rauskickt. Ich versuche schnell umzuschalten. Ich sehe wie die Liga ist, wie die Schiedsrichter alles abpfeifen. Die 4 hier oder in Israel zu spielen ist im Großen und Ganzen dasselbe. Ich versuche das zu spielen, was die Coaches von mir wollen. Es hat Vor- und Nachteile in einer größeren (gemeint ist die Körpergröße Anmerkung d. Redaktion) Liga, wie hier, die 4 zu spielen. Die größeren Spieler versuchen ein wenig mehr zu checken und es erfordert mehr Energie sie zu verteidigen. In der Offensive kannst du die Verteidigung mit den großen Jungs besser auseinanderziehen und dadurch einfache Würfe bekommen, oder den Ball laufen zu lassen.
Sagt dir der Coach nicht, dass du mehr den Korb attackieren sollst oder lässt er dir da Freiraum?
Ja, eigentlich sagt er dazu gar nichts. Ich würde gerne näher zum Korb spielen, wo ich meine Schnelligkeit ein wenig mehr ausnutzen könnte, um den Guards mehr Freiräume zu ermöglichen oder Zack mehr Platz zu machen. Er sagt mir aber, dass ich an der Drei-Punkt-Linie stehen soll, weil ich ein guter Shooter bin. Was auch immer der Coach mir sagt, ich werde es tun. Wir versuchen immer nach unsere Stärken zu spielen. Wir haben gute Shooter mit mir und Ted. Devin und JJ können kreieren und werfen, Tez kann viel kreieren. Das wichtigste ist, positives Momentum aufzubauen.
Im Gegensatz zur Offensive ist der Coach sehr strikt in der Defensive. Im letzten Spiel war er zufrieden mit dir, dass du so viele Rebounds geholt hast. Wie ist es für dich, diese Art der Verteidigung zu spielen?
Jeder von uns weiß, was der Coach will. Wir spielen ein gutes pick-and-roll. In unserem Spiel ist es ganz wichtig, defensive Rebounds zu bekommen. Wir müssen den Korb kontrollieren. Wir sind ein smartes Team. Wir wissen, dass eine Menge Teams uns unter dem Korb attackieren wollen. Wir dürfen nicht in Foulprobleme kommen, müssen die Rebounds kontrollieren und gut ausboxen. Selbst wenn wir die Rebounds nicht gewinnen, müssen wir es eng halten. Uns kommt unsere Schnelligkeit in der Verteidigung zu Gute, wodurch wir schnell rotieren und viele steals holen können.
Ich hatte das Gefühl, dass du in den ersten Spielen damit nicht zurechtgekommen bist. Du hattest große Foulprobleme und wurdest vom Coach für Fehler in der Defensive ausgewechselt.
Ja, ich musste mich erst daran gewöhnen. Ich wurde für Fehler ausgewechselt, aber ich war jetzt nicht nachträglich deswegen. Das ist nun mal die Art des Coachs. Wenn er etwas nicht mag, nimmt er dich raus. Das gilt für alle und ich habe mich daran gewöhnt. Um auf die Foulprobleme zu kommen: oh mein Gott. Ich hatte so viele Pfiffe gegen mich. Diese Liga ist zwar größer, als in Israel, aber wir konnten dort viel physischer spielen. Ich habe drei, vier Spiele gebraucht. Es waren konstante Pfiffe, so dass ich wusste, dass es nicht an den Schiedsrichtern lag, sondern an mir. So war es einfacher für mich, mich darauf einzustellen. Ich hoffe, dass ich das beibehalten kann, denn diese Foulprobleme haben echt genervt. Ich konnte nicht so aggressiv spielen, wie ich wollte. Ich denke aber, dass ich das Problem in den Griff bekommen habe.
Zu Beginn der Saison sah es für euer Team insgesamt nicht gut aus. Ihr musstet erst einen Rhythmus finden und die Teamchemie aufbauen. Bei wie viel Prozent würdest du das Team jetzt sehen?
Wir werden besser, das ist sicher. Wir sind auf dem richtigen Weg und machen gute Fortschritte. Wir müssen noch eine bessere Teamchemie aufbauen – insbesondere in der Defensive. Jeder muss seine Position in den Rotationen kennen.
Im Interview mit Skyliners-Sprecher Thomas Nawrath hast du etwas interessantes über den unterschiedlichen Lifestyle gesagt und das die Leute in Israel hektisch und aggressiv sind. Wie hast du das gemeint?
Ich meinte aggressiv nicht im Sinne von gemein, sondern im Sinne von ihrer Art zu reden. Ich würde es vergleichen mit Texas und New York. In Texas ist alles etwas entspannter und in New York geht alles boom-boom-boom. Es war absolut nicht im negativen Sinn gemeint. Ich habe es geliebt in Israel. Ich bin wirklich glücklich Profi zu sein und sagen zu können, dass überall wo ich war, es mir gefallen hat. Viele Leute sprechen hier und in Israel Englisch. Das Essen ist in beiden Ländern gut. Ich habe von anderen Spielern gehört, dass in anderen Ländern, die Menschen etwas rauer sind und das Essen nicht so gut ist. Ich fühle mich wirklich sehr glücklich und gesegnet dafür.
Du bist in Texas aufgewachsen und warst dort am College. Und du hattest die Chance ein Vorbereitungsspiel für die Golden State Warriors zu machen, stimmt das?
Ich glaube, es waren sogar zwei. Wir haben gegen Portland mit Greg Oden gespielt. Ich hätte mir gewünscht, es ins Team zu schaffen, aber alle Dinge im Leben passieren aus einem bestimmten Grund. Ich war in der Summer-League in Utah und in Orlando. Und es war wirklich toll mit diesen Leuten zusammen zu sein. Es war interessant und ich bin dankbar, diese Erfahrung gemacht zu haben.
Hat dir das auch bei deinem Schritt in Richtung Israel geholfen?
Eher umgekehrt. Israel hat mir sehr geholfen, weil ich wirklich ein bisschen am Boden war, nachdem ich es nicht geschafft hatte. Es war immer mein Traum in die NBA zu gehen. Ich war dankbar für die Möglichkeit, das zu tun was mir am meisten Spaß macht, damit Geld zu verdienen und auf einem hohen Level zu spielen.
Dort hast du eine sehr überraschende Meisterschaft mit Hapoel Gilboa Galil Elyon gewonnen. Wie war es Maccabi Tel Aviv zu besiegen? (Dowell steuerte in dem Spiel 15 Punkte und fünf Rebounds in 35 Minuten bei)
Das war wirklich unglaublich. Das war ein Highlight in meiner bisherigen Karriere vor all den Fans. 95 Prozent davon – die von Maccabi – waren alle ruhig, nur die restlichen fünf Prozent haben Stimmung gemacht. Das war grandios. Ich will dieses Gefühl wieder erleben.
Du hast eine sehr positive Mentalität. Ted Scott hat gelobt, dass du dem Team nicht nur auf dem Parkett, sondern auch abseits davon hilfst. Wie machst du das?
Ich versuche, meine Mitspieler zu motivieren. Wenn sie zum Beispiel einen Wurf daneben gesetzt haben, sage ich: egal, der nächste geht rein. Jeder macht Fehler. Du musst aber die schlechte Momente aus deinem Kurzzeitgedächtnis löschen und an die nächste Situation denken. Ich versuche, immer positiv und ein guter Teamkamerad zu sein. Mir ist wichtig, dass, wenn ich einmal aufhöre zu spielen, die Leute sagen, dass ich ein guter Kamerad war.
Was machst du eigentlich in deiner Freizeit. Hast du schon viel von Frankfurt sehen können?
Frankfurt ist eine schöne Stadt. Leider hatte ich noch keine Zeit, sie zu erkunden. Wenn ich essen gehe oder wir herumfahren, sehe ich eine tolle Stadt. Ich war in einigen Restaurants und das Essen war wirklich exzellent.
Aber du meinst jetzt nicht die Fast-Food-Restaurants oder?
Nein, ich war in der Champions-Bar. Aber weißt du was, ich will ein Restaurant finden, wo sie deutsches Essen haben.
Dann musst du in die Berger Straße gehen. Frag mal die Jungs im Office.
Werde ich machen. Das ist auf alle Fälle auf meiner to-do-list.
Hast du noch andere Sachen auf deiner to-do-list?
Wenn wir jemals zwei Tage hintereinander frei bekommen sollten – was ich nicht glaube (grinst) – würde ich mich einen Tag erholen und am anderen Sightseeing machen.