Mo 19.09.16 11:38
Erkenntnise auf und abseits des Parketts
Die Skyliners haben eine einmalige Chance verpasst. 69:74 haben sie das Weltpokal-Finale gegen Guaros de Lara verloren. Ich hatte ehrlich gesagt mit einer deutlicheren Niederlage gerechnet, schließlich stand in der Ballsporthalle kein geringeres Team als der Südamerika-Meister auf dem Parkett. Was hätte ZSKA Moskau mit den Venezolanern gemacht, wenn selbst die Skyliners eine echte Chance auf den Sieg hatten? „Wir hätten das Spiel gewinnen können, vielleicht müssen“, sagte Interims-Cheftrainer Klaus Perwas zu Recht. Immerhin lieferte die Partie doch einige interessante Erkenntnisse – auch abseits des Parketts.
Ich fang mal mit den Dingen an, die sich nicht auf dem Feld abspielten. Gordon Herbert etwa war in der Halle und sah nicht besonders gut aus. Der Cheftrainer kann immer noch keine Reha machen, weil seine Wunde am Rücken nicht verheilt ist. Immerhin konnte er scherzen, dass es das Team derzeit auch ohne ihn hinkriegt. Die Skyliners werden es wohl noch einige Monate ohne ihn hinbekommen müssen. Deswegen saß gestern auch schon Milenko Bogicevic, der ehemalige Assistenz-Coach von Alba Berlin mit an der Seitenlinie. Er wird demnächst einen Vertrag als Interims-Trainer unterschreiben und Klaus Perwas auf Zeit assistieren.
Mal abgesehen von der Zuschauerresonanz, auf die ich gleich noch eingehen werde, war die Resonanz auf das Event, vorsichtig formuliert, sehr mau. Kein Funktionär vom DBB, keiner von der BBL oder einem der anderen Bundesligaklubs war in Frankfurt, um zu zeigen: Hier spielt ein deutsches Team um einen internationalen Pokal, die unterstützen wir jetzt mal. Klar mag das auch daran liegen, dass die Skyliners sich nicht sportlich für den Weltpokal qualifiziert haben, trotzdem ist es ein extrem schwaches Zeichen für den deutschen Basketball. Genauso schwach war es vom HR nur einen Livestream zu zeigen und das Spiel nicht im TV zu bringen.
Die Atmosphäre in der Halle fand ich überraschend gut. So viele Zuschauer waren noch nie bei einem internationalen Spiel in Frankfurt. Offiziell war die Ballsporthalle ausverkauft, auch wenn ein paar Plätze leergeblieben sind. Allerdings habe ich beim Abholen meiner Medienkarte hunderte Leute in der Schlange stehen gesehen, die sich die Karten am Eingang „Gewinnspiel“ geholt haben. Das zeigt, dass es immer noch schwierig ist, eine 5000-Zuschauer fassende Halle – selbst bei einem solchen Event- voll zu kriegen ohne Freikarten zu verteilen. In der Champions League dürfte die Zuschauerzahl wahrscheinlich wieder unter die 2000er Marke rutschen.
Nun aber mal zum Sportlichen: Die Skyliners habe in der ersten Halbzeit eine gute Leistung geboten, vor allem hat mir der Einsatz und die Intensität gefallen. Sie haben sich viele leichte Punkte erspielt, weil sie den Gegner immer wieder zu Fehlern gezwungen haben. Im zweiten Spielabschnitt „sind wir nicht mehr ins Laufen gekommen“, analysierte Klaus Perwas. Ohne die schnellen Punkte kamen die Gäste ran, vor allem weil sie mit ihrer Physis immer wieder Freiwürfe erzwangen und die Skyliners unter dem Korb kein Land sahen, beziehungsweise auch keine Pfiffe bekamen. Am Ende hatten die Venezolaner 20/23 Freiwürfe getroffen, die Skyliners 6/9. Das war die einzige Statistik in der Lara besser war – und letztlich den Unterschied ausmachte.
Besonders im Fokus stand Point-Guard Markel Starks, der ein wenig Licht, aber auch viel Schatten in seinem Spiel hatte. Der US-Amerikaner hatte nicht die beste Wurfauswahl (4/15) und bis er die Systeme – offensiv wie defensiv – gelernt hat, wird noch einige Zeit vergehen. Eine gute Partie lieferte Shavon Shields, der bis auf seinen verdaddelten Ball an der Mittellinie 25 Sekunden vor Schluss, seine Qualitäten am Brett und auch sein feines Händchen andeuten konnte. Die deutschen Spieler um Max Merz, Stefan Ilzhöfer und Niklas spielten allesamt um die 11-12 Minuten, wobei Merz dabei noch am besten aussah. Ilzhöfer hatte in den Eins-gegen-Eins-Duellen in der Defensive sehr oft das Nachsehen, auch Kiel war unter dem Korb etwas zu soft. Ganz normal für die zwei jungen Spieler, aber dann standen sie eben auch nicht mehr auf dem Parkett. „Wir verschenken keine Minuten“, stellte Perwas klar. Die internationalen Spiele werden den Jungs guttun, die Härte wird irgendwann kommen, je früher desto besser.
Mir hat das Coaching von Perwas ganz gut gefallen. Vor allem, dass er im Schlussviertel Starks und Tez eine kurze Pause gegeben hat, damit sie für die crunch-time fit sind, ist etwas, dass Gordon Herbert nie macht. Er lässt seine Fünf, wenn es Spitz auf Knopf steht, immer durchspielen. Das ging in der vergangenen Saison des Öfteren gut, aber zehrt sehr an den Kräften der Spieler.
Jetzt haben die Skyliners noch ein paar Tage Zeit bis es zum deutschen Meister nach Bamberg geht, der nochmal eine Klasse stärker sein dürfte als Lara, zumindest im Vergleich zu gestern. „Es ist noch so viel Arbeit, das glaubt man gar nicht“, sagte Perwas.
Morgen ist übrigens Saisoneröffnungs-Pressekonferenz um 12.30 Uhr mit Gunnar Wöbke, Klaus Perwas und Max Merz. Bin mal gespannt, ob es dann auch ein paar Zahlen zum Budget etc. gibt.
Vielen Dank für Deine Eindrücke. Konnte leider nicht vor Ort sein :-(
Danke für die Informationen – Bin auf die PK gespannt – vor allem wann Meyer zu sehen ist!
Ich will mich bei meinen Beobachtungen aufs Sportliche beschränken – habe das Spiel im Urlaub im Livestream gesehen.
Richtig stark fand ich Shields, er hat ein sehr variables Spiel, kann von Coast to Coast gehen, hat ein gutes Händchen von der Dreierlinie und auch die Masse, um sich in der Zone durchzusetzen. Er wird seinen Weg in Frankfurt sicher gehen.
Unsicher bin ich mir bei Starks. Er erinnert mich von seinem Skillset her an Dubois – was erst mal nicht schlecht sein muss. Guter Antritt, kann einen Gegner auf dem Bierdeckel austanzen, auch ein Dreier fällt mal. Ich weiß nur nicht, ob er den Punch und die Eier von Jordan oder Justin hat und das brauchen wir eigentlich sehr.
Bei Agva bleibe ich dabei, dass er es nicht bringen wird. Da setze ich auf die Rückkehr von Mayr. Es kann sein, dass die 5 unsere Achillesferse wird in der Saison, aber warten wir mal ab. Morrison allein wird es aber nicht reißen können…
Die jungen Deutschen haben gestern wenig Land gesehen, das wird immer mal wieder so sein, vor allem bei Ilzhöfer, der ein Hemd ist. Chapeau vor Max, er hat sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen und war competitive, wenn er auf dem Feld stand. Bei ihm als Konsti-Ersatz habe ich ein viel besseres Gefühl als bei Starks…
Falls das alles ein bisschen negativ klingen sollte: soll es gar nicht! ;) Ich freue mich auf die Truppe und gebe ihr auch die Zeit. Doof, dass es jetzt ausgerechnet gegen Bamberg losgeht.
Ich sehe das mit Bamberg eher positiv weiteres „Testspiel“ was die Jungs fordern wird. Danach wird es eher interessant ob wir was reisen können.
Ja das sehe ich ähnlich. Gegen Bamberg zu hause würde es uns auch gegen ende der Saison sehr schwer fallen eine klatsche zu bekommen. So kann man etwas trainieren und verliert keine Punkte gegen Mannschaften bei denen man auf Augenhöhe spielen könnte.
Es dürfte also interessant werden, vor allem bin ich auf schields und stark gespannt, wie sie gegen einen richtigen brocken als gegen spielen.
Schade, konnte das Match leider am Sonntag nicht sehen und einen Re-Live davon gibt’s wohl auch nicht…?!? Daher halte ich mich mit Bewertungen dazu mal zurück.
Was die Saison angeht: Die ersten sieben Spiele zum Start sind schon heftig. Mit Bamberg, Bonn, ALBA, Lubu, Ulm und Würzburg hat man sechs Teams, die klare Playoff-Ambitionen (und teilweise mehr) haben. Da wird ein Sieg im ersten Heimspiel gegen BHV fast schon Pflicht sein. Danach folgen dann mit Vechta, Bayreuth, Göttingen und Gießen Gegner, die nach jetziger Einschätzung zu schlagen sein könnten. Nach diesen Spielen wird man sehen, wo man sich einsortiert hat und kann erste Zwischenbilanz ziehen. Eine 5/6-Bilanz wäre mMn schon ein Erfolg.
Ab Mitte Oktober startet die CL und die Gegner sind schon etwas happiger als im EuropeCup. Wir haben mit Tez und Graves im Grunde nur zwei „Veteranen“ am Start, alle anderen müssen noch eine Menge lernen oder sind in ihren Mitteln einfach limitiert (Morrison). Ich denke, man wird in BBL und CL daher auch ab und an Lehrgeld zahlen und wir werden uns bestimmt über ein paar vermeidbare Niederlagen grämen (eine davon gab’s ja wohl schon am Sonntag). Am schnellsten sollte sich tunlichst Starks integrieren, denn die Mannschaft braucht dringend einen smarten und treffsicheren PG. Gute Ansätze zeigt er ja offensichtlich schon und wenn wir uns die Kommentare zu Theodore in den ersten Wochen der vergangenen Saison anschauen, war da auch noch nicht alles tip-top. Von Starks bzw. der PG-Position und einer baldigen Rückkehr von Scrubb wird vieles abhängen.
Zumal wir sicherlich sehr viel Scoring von „außen“ brauchen werden. Denn da bin ich völlig bei @Aydo: Auf der 5 bzw. dem gesamten Frontcourt wird es deutlich dünner als vergangene Saison. Shields scheint nach den ersten Eindrücken Gott sei Dank zu passen, aber auch er ist Rookie und wird vermutlich nicht eine komplette Saison abliefern können. Das ist im letzten Jahr auch einem Doornekamp, Barthel oder Voigtmann nicht immer gelungen und Morrison schon gar nicht, aber wir waren da im Frontcourt deutlich breiter aufgestellt.
Zum Etat: Tja, die Aussage von GW aus dem Juni, dass für diese Saison ein paar mehr Euronen als letzte Saison zur Verfügung stehen sollen, kann ich nicht erkennen. Es sei denn, wir haben noch was Zählbares in der Schatulle. Die deutschen Spots müssten günstiger sein als vergangene Saison und für Voigtmann gab es ja sogar eine kleine Schippe Ablöse. Bei den Amis ist das vielleicht ein bisschen schwieriger einzuschätzen, aber dass Starks, Graves, Shields nun teurer sein sollten als das Paket Theodore, Little, Doornekamp (und ein bisschen Dimsa), glaube ich mal nicht.
Warten wir mal auf die Saison-PK und dann geben wir mal unsere Tipps ab…
Hier mal eine Einschätzung von telekom-basketball:
https://www.telekombasketball.de/news/fraport-skyliners-sie-werden-schlechter-sein/1581