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Di 15.05.12 12:44

Abschlussinterview mit Marius Nolte Teil 2 – „Ich hätte dieses Team gerne über eine gesamte Saison gesehen“

Im zweiten Teil des Abschlussinterview spreche ich mit Marius Nolte, über die Fehler zu Beginn der Saison, die wechselhafte Phase zwischen den Jahren und die Stabilisierung des Teams.

Der Erfolg basierte neben dem Teamzusammenhalt auch auf die Umstellung auf die defensive Spielphilosophie. Als Beobachter hat man davor irgendwie kein richtiges Spielsystem erkennen können. Woran lag das?
Wir haben lange gebraucht, um den Coach wirklich zu verstehen und was er von uns möchte. Es braucht immer eine gewisse Anlaufphase wenn ein neues Team und ein neuer Coach aufeinandertreffen. Wir wussten anfangs nicht, was unsere Identität ist. Wir wollten fast-break spielen, secondary-break spielen, wir wollten gut verteidigen, wir wollten eigentlich alles machen und haben nichts so richtig gemacht. Erst in dieser Phase, wo wir gezwungen waren uns eine Identität zu suchen, eine bestimmte Spielausrichtung zu haben, da haben wir erst gemerkt, wie wichtig das eigentlich ist. Ab diesem Moment hat es geklickt. Uns wurde im Training gesagt: macht das Spiel nicht zu schnell, spielt defense, kontrolliert das Spiel. Wir haben das umgesetzt und waren dann auch erfolgreich oder hatten zumindest eine Siegchance wie im Spiel gegen Quakenbrück.

Das Quakenbrück-Spiel war ein Defensiv-Spiel par excellence, nur in der Offensive hat es gehapert…

… da muss man auch ganz ehrlich sagen, dass wir nicht die nötige Qualität in der Offensive hatten. In der Offensive ist auch erst später etwas runder gelaufen. Es hat ein bisschen gedauert, um das System Jermareo und die Rollen in der Offensive richtig zu verstehen. Erst danach hat es geflutscht. In der Defensive war das Spiel aber sehr gut, gerade gegen eine so starke Offensivmannschaft, wie Quakenbrück. Das war eine der Niederlagen aus der man am meisten lernen konnte und wo man erhobenen Hauptes das Spielfeld verlassen konnte. Wir haben gesehen, wir können zwar alles daneben werfen, aber das Spiel so knapp zu gestalten und vielleicht noch zu gewinnen. Insofern war das ein besonderes Spiel. Das war sicherlich keine Niederlage, die mir schmerzhaft haften geblieben ist.

Es war ja auch ein historisches Spiel. Das 41:49 war das Spiel mit den zweitwenigsten Punkten in der BBL-Historie und zur Halbzeit sogar das niedrigste mit 21:19.
Schön haben wir das auch noch geschafft (lacht). Ehrlich gesagt gebe ich da nicht so viel drauf.

Nur wenige Tage später kam dein Spiel. Der Sieg in Gießen. Du machst den Korbleger nach Pass von Jimmy und verhinderst mit deinem Block, dass Gießen nochmal rankommt.

Ja. Hessenderby und gute Stimmung…

… naja gute Stimmung. Die Gießener haben dich beleidigt, immer wenn du an der Freiwurflinie standest. (Die Worte wiederhole ich an dieser Stelle nicht).
Gut dann sagen wir hitzige Stimmung. Aber das macht mir gar nichts. Ich habe ja auch einige Freunde in Gießen und die haben mir versichert, dass sie nicht mitgesungen haben. Da lach ich später drüber. Es gibt Sachen von Fans, die ich nicht so gut finde und im Basketball nichts zu suchen haben. So lange es keine randalierenden Fans gibt und alles friedlich bleibt ist es mir jedoch egal. Wenn die Gießener Fans in einem Derby ein bisschen über Marius Nolte lästern wollen, habe ich kein Problem damit und spornt mich eher an. Ich hab dann ja ein paar gute Aktionen gehabt und vor den tollen Frankfurter Fans zu gewinnen war es ein schöner Sieg.

Es gibt ein tolles Bild von deinem Block und du hast im Interview bei Radio Fortuna verraten, dass das Bild an deinem Spind hängt.

Ja (grinst). Das hängt immer noch da und solange es keiner wegnimmt, lasse ich es dort hängen. Eine bleibende Erinnerung. (grinst)

Eine Woche später stieß Devin zum Team dazu, nachdem klar war das Justin noch länger ausfallen wird. Wie war das für euch als Team einen neuen Point-Guard zu kriegen.
Es war ein sehr kluger Schachzug ihn zu verpflichten. Für die Schlussphase war es sehr wichtig, dass wir zwei Point-Guards hatten, die sich so gut ergänzt haben. Mike war der ruhige Point-Guard mit guter Trefferquote von außen und Devin war derjenige mit viel Energie, sehr viel Leidenschaft zum Korb gezogen ist, mehr der Scorer war und ab und zu ein paar wilde Aktionen eingestreut hat. Und in Situationen wo wir Punkte gebraucht haben, hat er sie gemacht. Gerade diese Mischung hat uns gut getan. Es gab Spiel da war Mike ein bisschen stärker, es gab Spiele da war Devin ein bisschen stärker. Insgesamt hat es uns geholfen, zwei sehr junge, aber in ihrer Art und Weise erfolgreiche Point-Guards zu haben. Ab da wurden wir noch ein Stück stabiler und stärker. Wobei man auch sagen muss, dass es die fehlende Konstanz, die wir hatten, nicht ganz ausmerzen konnte.

Ihr habt in Devins erstem Spiel Ludwigsburg geschlagen und dann kam mein persönliches Highlight. Der 56:51-Sieg in Würzburg. Das Spiel war so intensiv und vom Kampf geprägt.
Absolut, als wir bei Miles im Studio waren und die Sendung vorbei war, habe ich gesagt: komisch, wir haben gar nicht über das Spiel gegen Würzburg gesprochen, dabei war es eigentlich ein ganz besonderes Spiel. Ich finde man hat Würzburg in diesem Jahr total unterschätzt und gar nicht auf dem Radar gehabt. Wenn man sich die Punkte anschaut, die die in diesem Jahr kassiert haben –  die wenigsten in der Liga – sieht man , dass da ganz guter Basketball gespielt wird und das es nicht leicht war gegen Würzburg zu gewinnen. Und uns ist es gleich zweimal gelungen und vor allem das Spiel in Würzburg war ein besonderes Spiel.

Fünf Tage später kam Gießen und das Spiel habt ihr verloren. Wart ihr da vom Kopf her nicht bereit?
Auf jeden Fall, das war ja offensichtlich. Es ist immer schwierig für den Verein das zu timen und zu planen, wann die Spieler nach Hause fahren können und inwiefern, dass in den Köpfen hängen darf. Ich bin absolut dafür und halte es für notwendig, dass wir innerhalb der Saison zumindest eine Woche Pause haben. Wenn die Liga sagt, es darf nicht um Weihnachten herum sein, kann ich damit leben. Gerade für die Amerikaner ist es wichtig. Man muss sich mal vorstellen, die sind hier neun bis zehn Monate und können nicht bei ihren Angehörigen sein. Es wichtig, dass sie mal nach Hause können, um den Akku aufzuladen. Allerdings ist es schwer, diese Reisen zu planen und nicht den Fokus auf die Ligaspiele zu verlieren. Bei dem Gießen-Spiel war es eben so, dass wir den Tag direkt danach frei hatten. Wir dachten, dass ist ein Heimspiel, das werden wir gewinnen, wir spielen besser, wir spielen gut. Wir haben aber leider ein schlechtes Spiel gezeigt und verloren. Das war ein Zeichen dafür – und sicher auch das anschließende Spiel gegen Ludwigsburg – für diese Unkonstanz. Wir mussten feststellen, dass wir jeden Tag bereit sein und in jedem Spiel alles geben müssen, um zu gewinnen. Ich finde, wenn man sich so eine Saison betrachtet, wird man immer solche Spiele haben. Das hat jede Mannschaft und das ist auch überhaupt nicht das Problem, ein Spiel zu verlieren, von dem man im Vorhinein denkt: das muss man locker gewinnen. Bei uns war das Problem, wenn man nur zwei von zehn Spielen am Anfang der Saison gewinnt und so viele Punkte hat liegen lassen, darf man sich solche Ausrutscher in der zweiten Saisonhälfte nicht erlauben. Wenn man ehrlich ist, muss man auch sagen, dass uns diese Spiele die Playoffs gekostet haben. Gerade Gießen und Göttingen zu Hause, wenn wir die gewonnen hätten, wären wir auch in die Playoffs eingezogen.

Nach diesen zwei Niederlagen kam Braunschweig. Wieder ein total verrücktes Spiel. Ihr führt mit 20, hättet es trotzdem fast in der regulären Spielzeit verloren und dann stehst du in der Verlängerung an der Freiwurflinie.
Ja (grinst). Der erste swisht rein und dann sehe ich Jimmy in guter Position im Rebound. Ich denke: jetzt muss ich ihn nur perfekt daneben werfen, dann haben wir das Ding. Und genauso ist es dann passiert.

Alles geplant also?
Das üben wir jede Woche im Training. Schön das es mal geklappt hat. (lacht) Es war ein sehr intensives Spiel und spannend für die Zuschauer. Ich habe hinterher gesagt, so blöd darf man nicht sein und ein Spiel, wo wir mit 20 führen, noch aus den Händen zu geben. Wir haben gut gespielt und verdient mit 20 geführt. Solche Spiele zu gewinnen, war dann auch ein wenig der Unterschied zur Hinrunde, da hätten wir das mit unserem Glück mit Sicherheit verloren. Gegen Braunschweig haben wir uns das Spiel ein wenig zurück erkämpft.

In diesem Spiel und auch in dieser Phase der Saison, war eure defense noch nicht so konstant, wie sie später war. Ihr hattet immer ein Viertel, indem ihr eingebrochen seid. Gegen Braunschweig war es das Schlussviertel, im folgenden Spiel gegen Bremerhaven war es das zweite Viertel.
Ich kann mich erinnern, dass ich in den Interviews nach dem Spiel gesagt habe, unsere defense ist schon gut, aber nur für 25, 30, 35 Minuten. Später kamen dann die Spiele, wo man sagen konnte: heute haben wir 40 Minuten gute defense gespielt. Es ist so schade, wenn die Mannschaft von Anfang an zusammen gewesen wäre, obwohl hätten wenn und wäre zählt nicht. Ich hätte dieses Team gerne über eine gesamte Saison gesehen. Ich glaube, dann hätten wir um einiges solider und konstanter gespielt. Dann wäre es A, nie eine Frage gewesen, ob wir etwas mit dem Abstieg zu tun gehabt hätten diese Saison und B, für die Playoffs qualifiziert hätten. Aber letztlich machen diese Spielchen keinen Sinn.

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