Sa 07.04.12 14:59
„Ich habe ein Talent über das die Welt nichts weiß“
Gleich im allerersten Testspiel verletzte sich Jermareo Davidson so schwer, dass er zwei Monate ausfiel. Durch den Riss in der Rolle des Oberschenkelknochens musste sich der 27-jährige US Amerikaner aus Atlanta ins Team zurückkämpfen und erst einmal lernen mit seiner Rolle als Center zu Recht zu kommen. Im Interview spricht der 2,08 Meter große Schlacks über sein Kampf zurück ins Team, sein Verhältnis zum Trainer, seine Anfänge als Point-Guard, seinen Traum es noch einmal in die NBA zu schaffen und über sein Rapkünste.
Ihr habt am Sonntag gegen Ulm gewonnen – das zweitbeste Team der Liga – in einer wirklich überzeugenden Weise. Spielt ihr wie ein Playoff-Team?
Aus unserer Sicht ja. Wir versuchen wie ein Playoff-Team zu spielen und das schon seit dem ersten Tag. Wir tun das besser seit wir noch mehr zusammenhalten. Wir arbeiten hart, die Coaches bereiten uns gut vor. Wir müssen einfach relaxen und bereit für jedes Spiel sein.
Ihr habt Top-Teams wie Bamberg, München und Artland geschlagen, aber gegen Teams von unten wie Gießen und Göttingen verloren. Wie passt das zusammen?
Eine Menge Leute fragen das. Vielleicht waren wir gerade in diesen Spielen mental nicht vorbereitet. Es passiert manchmal, obwohl es nicht passieren sollte. Wir sind jetzt ein besseres Team und erleben hoffentlich keinen Rückfall. Wir sind nun mehr füreinander da und stärker in der Defensive, die Offensive kommt von alleine. Ich kann loslegen, Jimmy kann loslegen oder irgendein anderer kann einspringen. Hauptsache das Team gewinnt.
Der nächste Gegner heißt Oldenburg, die auch noch in die Playoffs wollen. Wie müsst ihr dieses Spiel angehen? Gibt es schon spezielle Anweisungen vom Trainer?
Nein das doch nicht. Wir haben jedes play von ihnen gesehen, dass sie gegen uns spielen könnten. Es ist eine Sache der mentalen Vorbereitung und wie wir uns auf die gegnerischen Spieler einstellen.
Wie ist die Atmosphäre in der Mannschaft. Sprecht ihr über die Playoffs?
Sie war immer gut. Wir versuchen uns immer gegenseitig zu motivieren, denn wir wissen, dass es auch wieder schlecht laufen kann. Wir haben aber gute Leader in unserem Team. Justin, Marius und Jimmy sind es vor allem, die uns klar machen, dass wir jeden Abend hart spielen müssen.
Lass uns über deine Saison sprechen. Es hat wirklich schlecht für dich angefangen. Du hast dich im ersten Spiel verletzt, warst zwei Monate draußen. Dann hattest du noch zwei kleinere Verletzungen. Hattest du schon einmal so ein Pech mit Verletzungen?
Ich habe schon seit einer Weile Pech mit Verletzungen. Aber es hat mich niemals umgeworfen und ich war nie ganz lange weg. Die schlimmste Verletzung war, als ich mir einmal den Fuß in der letzten Saison mit den Golden State Warriors gebrochen hatte. Es war natürlich nicht schön hierherzukommen und mich sofort zu verletzen. Ich glaube aber nicht an irgendwelches Unglück. Man sollte immer so hart spielen, als könnte es dein letztes Spiel sein.
Wie hart war es für dich, dich zurück zu kämpfen. Der Coach hat gesagt, dass deine Beine jetzt doppelt so stark sind, wie vor der Saison.
Es war wirklich hart. Ich habe es wirklich gehasst bei Sporeg zu sein, nichts gegen die Leute da, aber ich habe es gehasst jeden Morgen dahinzugehen und nicht mit dem Team trainieren zu können. Ich habe hart daran gearbeitet, um wieder zurückzukommen.
Du musstest dich nicht nur zurück kämpfen, sondern auch an deine neue Position, als Center gewöhnen. Du hast die meiste Zeit deiner Karriere als Power-Forward gespielt. Wie war das für dich?
Es war anfangs sehr frustrierend, weil ich nicht gewusst habe was der Coach von mir gewollt hat. Als ich gekommen bin, war ich ein Spieler der gescored hat, den Ball immer in der Hand hat. Der Coach hat mir gesagt, dass ich es langsamer angehen muss und wenn wir ins Laufen kommen, ich auch den Ball kriege. Es macht keinen Unterschied mehr, ob ich auf der 4 oder 5 spiele. Der Coach hat es so eingerichtet, wenn er will, dass ich den Ball bekommen und ich ein play laufen muss, dass normalerweise der Spieler auf der 4 macht, dann mache ich das. Es ist für ein Team auch leichter, wenn jemand auf der 4 und der 5 beides kann.
In der Offensive ist es vielleicht leichter, aber in der Defensive als Mann auf der 5 ist sicherlich schwerer, wenn du große Spieler wie Jared Homan oder John Bryant verteidigen musst?
Das war schon immer einer meiner Schwächen, wenn ich einen größeren und schwereren Mann verteidigen musste. Aber er muss mich schließlich auch verteidigen. Und es läuft meistens ganz gut für mich. Ich versuche aktiv zu sein und die Gegner zu verteidigen bevor sie den Ball kriegen.
Aber wenn er den Ball hat, habe ich das Gefühl, dass du dich zu sehr auf deinen Block verlässt.
Das ist eine Gewohnheit von mir (grinst). Ich versuche ihm ein wenig vom Korb weg zu kämpfen und schlauer als er zu sein, mich ihm entgegenstellen, sodass er mich foult. Der Coach legt auch Wert darauf, dass wir immer jemanden haben, der in der Defensive und besonders den Spielern auf der 4 oder 5 hilft.
Nach deiner Verletzung hast du ein wenig gebraucht, um wieder rein zu finden. Dann kamen die Spiele, wo ihr nur mit sechs oder sieben Spielern gespielt habt und angefangen habt zu gewinnen. Du hast Double-Doubles gehabt. Wie war es für dich 40 Minuten zu spielen?
Es war Wahnsinn. Ich könnte das jedes Wochenende machen. Ich habe es wirklich genossen. Es war schade für die Jungs, die nicht mitspielen konnten, aber für mich war es wirklich cool.
Warum hat es für das Team so lange gedauert, sich auf den Coach einzustellen?
Es ist normal, dass wir uns an den Weg den der Coach gehen will, gewöhnen mussten. Wie er will, dass du spielst, was er von dir will. Der harte Part war, sich an das Team zu gewöhnen. Einer hat gespielt, dann war er verletzt, dann hat der nächste trainiert und am nächsten Tag schon wieder nicht. Der Coach ist immer nur der Coach. Wir sind diejenigen, die auf dem Parkett performen und füreinander kämpfen und zusammenstehen müssen. Seitdem wir herausgefunden haben, was der Coach will, wie er ist und nichts persönlich zu nehmen, gibt es keine Probleme.
Es gab auch eine schöne Szene zwischen dir und dem Coach, wo du seine Arme gepackt und gesagt hast, dass du deinen Fehler wieder gutmachen wirst…
… Ich will meine Fehler immer sofort ausbügeln. Ich wollte ihm zu verstehen geben, dass ich für ihn kämpfen will, selbst wenn es nicht sofort klappt. Wir sind aber nicht mehr sechs Spieler, sodass er mit auf die Bank setzen kann. Ich bin begierig darauf zu wissen, was ich falsch gemacht habe. Er muss aber coachen und kann mir nicht immer erklären was es war. Ich habe gelernt zur Seite zu gehen. Ich werde zwar fluchen, aber ich werde innerlich und über mich selbst fluchen.
Der Coach kann aber auch mit dir zufrieden sein. Er hat zum Beispiel gesagt, dass die erste Halbzeit gegen Braunschweig in der du 23 Punkte gemacht hast, eine der besten Ligaperformances war, die er in diesem Jahr gesehen hat. War es vielleicht eine der besten Performances in deiner Karriere?
Ich glaube schon. Ich habe in diesem Spiel jeden Ball gefordert. Der Coach war sehr geduldig mit mir in der Offensive. Er hat mir erlaubt, Fehler zu machen. Ich kann daneben werfen oder Würfe nehmen die schlecht aussehen, aber wenn nehme ich sie, weil ich selbstbewusst sind und glaube, dass sie reingeht. Es ist besser für mich, wenn der Coach sagt: Mach weiter, der nächste sitzt. Ich kann das wirklich die ganze Zeit tun. Die einzige Person, die mich stoppen kann bin ich selbst. Wir haben natürlich auch andere Scorer im Team. Aber in genau diesem Spiel hat mir Jimmy gesagt: mir ist es egal, ob ich nochmal in dieses Spiel zurückkomme. Das war so ein Spiel, wo ich seine Punkte genommen habe. Das muss aber nicht immer so sein, da wir viele Spieler haben, die scoren können.
Von was hängt eine gute Performance von dir ab? Wie gegen Braunschweig oder auch in Berlin, wo du acht von elf aus dem Feld getroffen hast. Ist es der erste Wurf?
Es ist der Rhythmus. Ich könnte noch viel mehr bringen, wenn ich schneller in einen Rhythmus kommen würde. Es ist härter sich aufzuwärmen und dann von der Bank zu kommen. Manchmal dauert es deshalb länger.
Wo hast deine Moves in der Offensive her? Ist aus der College-Zeit, ist es vom Street-Basketball?
Ich war nicht immer ein big-guy. Ich habe den Shooting-Guard und sogar den Point-Guard gespielt. Als ich jünger war, habe ich immer gedribbelt. Mein älterer Bruder war ein Point-Guard, also habe ich ihn kopiert und hochgeschaut zu anderen Guards, weil ich wirklich nicht groß war. Es drehte sich alles ums Ballhandling und um jump-shots. Ich habe für eine lange Zeit geglaubt, dass ich ein Guard werde. Ich habe immer mit Coaches zusammengearbeitet, die sicher gestellt haben, dass du alles im Training machst, ob dribbeln oder Dreier schießen. Es war nicht so, dass die großen Jungs in der einen Ecke trainiert haben und die Kleinen in der anderen. Ich musste auch mit zwei Bällen dribbeln im Training. So ist es auch schwieriger mich zu verteidigen. Wenn du meinen Wurf stoppst, dann kann ich dribbeln. Und du weißt nicht, dass ich dribbeln kann, weil ich meistens werfe.
Wann bist du gewachsen?
Es war in meinem Freshman-Year in der Highschool (neunte Klasse). Bevor ich zur Highschool kam, war ich mit achten Jahren der größte in meinem Team und der Coach hat mich trotzdem als Point-Guard aufgestellt, weil er gesagt hat, dass ich das ganze Feld besser überblicken kann. Später bin ich dann auf die Shooting-Guard Position gewechselt. Ich hatte nicht viele Minuten. Ich bin reingekommen, habe Dreier geworfen und bin wieder rausgegangen. Das war das einzige was ich zu diesem Zeitpunkt machen konnte und wollte. Als ich dann in die High-School kam und der Coach aufgeteilt hat zwischen Guards und big-guys konnte ich nicht mehr zu den Guards, weil ich wie verrückt gewachsen war. Deshalb bin ich auch eher ein Mann für die 4. Und obwohl ich nie in meinem Leben auf der 3 gespielt habe, könnte ich bestimmt die 3 spielen. Aber es ist hart zu verteidigen auf dieser Position. Ich glaube, dass könnte ich nicht (grinst).
Dann müsstest du verteidigen wie Tez.
Ja, das könnte ich nicht (grinst).
Trotzdem ist es schon eine verrückte Entwicklung, die du durchgemacht hast vom Point-Guard zum Center.
Ja das stimmt. Eigentlich war es in meinem ganzen Leben so, dass die Coaches darauf bedacht waren, dass jeder alles kann. Selbst bei den Warriors hat Don Nelson in einem Training alle big-guys auf die Point-Guard Position gestellt und uns die plays ansagen lassen. Das stellt sicher, dass du die plays kennst und den Ball handlen kannst.
Du warst in der NBA, in der D-League, dann wieder in der NBA. Aber du hast es nicht geschafft. War es nur wegen der Verletzungen oder gab es anderen Gründe?
Ich hatte mich am Ende der Saison bei den Warriors verletzt und bin dann zur Summer-League nach Las Vegas gegangen. Sie haben mich gefragt, ob ich spielen kann und ich habe gesagt: ja klar kann ich spielen. Mein Timing war nicht gut, ich bin zu früh gesprungen. Ich habe wirklich schlecht gespielt bei Las Vegas und das hat darüber entschieden, dass die Warriors mich nicht weiter behielten. Wenn ich zurückblicke, hätte ich ihnen besser sagen sollen, dass ich nicht 100 Prozent fit bin. Aber weil ich so begierig darauf war zu spielen, habe ich ja gesagt. Dann sollte ich ins Camp mit den Sacramento Kings, 45 Minuten Autofahrt von Golden State entfernt. Ich war schon auf dem Weg, als ich einen Anruf aus Europa bekam. Heute wünschte ich, dass ich ins Camp gegangen war, da es mein Traum war in der NBA zu spielen. Wenn ich zurückblicke würde ich sagen, dass war die perfekte Chance. Jetzt ist es aber schwieriger geworden. Das Leben hat sich geändert, du hast andere Prioritäten gesetzt.
Anstatt in das Camp zu gehen bist du in die Türkei zu Darüssafaka gegangen. Wie war es da?
Istanbul war sehr schön. Es war eine gute Erfahrung. Nur die Leute waren nicht so freundlich, kaum einer konnte gut englisch. Hier kann es jeder.
Du warst auch in Russland. Wie würdest du die europäischen Ligen untereinander vergleichen?
Es ist unterschiedlich. Man kann aber nicht sagen, die eine ist besser oder schlechter. Der Eurocup ist eine echte Herausforderung. Das ist ein wirkliches hohes Level. Im europäischen Basketball wird eine Menge mehr gefoult. Das erlaubt dir aggressiver zu spielen. In der NBA ist es mehr one on one.
Du wirst dieses Jahr aber wieder versuchen über die Summer Camps in die NBA zu kommen nehme ich an.
Ja ich will es auf jeden Fall versuchen.
Du hast nie länger als ein Jahr bei einem Klub gespielt, würden die Fans der Skyliners dich also womöglich nicht mehr sehen im kommenden Jahr?
Die NBA ist mein großer Traum seit ich ein kleines Kind bin. Das will ich nicht aufgeben. Ich habe ein Talent über das die Welt nichts weiß. Ich werde nicht aufhören es zu versuchen. Ich genieße es hier in Deutschland. Die Leute sind wirklich nett. Wenn ich es nicht in die NBA schaffe und jemand in Deutschland mir ein Angebot macht, werde ich es mir anschauen.
Lass uns über ein anderes Talent von dir reden, das Rappen. Wann hast du damit angefangen?
Erst in diesem Sommer. Ich liebe Musik. Ich höre alles, ob schlecht oder gut. Es hat damit angefangen, dass ich ein bisschen rumgealbert und rumprobiert habe. Ich habe nicht nur die Videos gemacht, sondern auch Texte geschrieben.
Am Montag ist dein Mixtape rausgekommen. Wie lange hast du dafür gebraucht.
(Überlegt). Ich habe mittlerweile 60 Songs. Auf das Mixtape konnten aber nur 20 Songs drauf. Ich habe von Oktober bis März gebraucht. Ich hab das in einem Studio während meiner Freizeit gemacht.
Was hast du für Ambitionen mit deiner Musik, willst du die CDs auch verkaufen?
Nein, es ist umsonst. Wenn es ein Plattenlabel gefallen sollte, könnte ich auch vielleicht ein paar verkaufen. Aber mir geht es eigentlich nur um den Spaß, Basketball kommt als erstes.
Timur: Wo kann man das Mixtape downloaden? Es ist ja umsonst….
Ja hab ich total vergessen. Hier der Link: http://www.datpiff.com/mixtapes-detail.php?id=332222
Hier auch noch der Link zu Jermareos Fanpage auf Facebook. https://www.facebook.com/GRIM.REAPER.FLOW.JAYO