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Sa 18.05.19 14:01

Unbefriedigendes Jubiläumsjahr

Bei der Saisonabschlussfeier der Skyliners am Mittwochabend im BCM herrschte eine entspannte Stimmung. Der Sieg im Hessenderby gegen Gießen sowie die Vertragsverlängerung von Kapitän Quantez Robertson waren nochmal etwas Balsam auf die geschundene Fanseele nach dem Verpassen der Playoffs. Cheftrainer Gordon Herbert – den es nach Kanada zieht und eine Entscheidung jederzeit bekanntgegeben werden könnte – entschuldigte sich bei den Anwesenden für die zumeist schwachen Auftritte vor eigenem Publikum. Nicht nur sportlich war die Saison unbefriedigend. Während vergangenes Jahr noch 4573 Zuschauer den Weg nach Frankfurt-Unterliederbach fanden, waren es 2018/2019 nur 4030. Das hatte auch mit den Spielverlegungen und ungünstigen Terminen (parallel zu Eintracht-Europa-League-Spielen und Löwen-Final-Spielen oder an Wochentagen um die Abendszeit) zu tun. Aber die Skyliners werden sich auch hinterfragen, warum sie es in der Jubiläumssaison nicht geschafft haben, Begeisterung für ihren Klub zu wecken beziehungsweise sie in der Stadt nicht wirklich präsent sind. Über allem steht natürlich die Frage, welche Perspektive haben die Skyliners noch in Frankfurt, falls die neue Multifunktionshalle am Kaiserlei nicht kommen sollte. „Die Ballsporthalle ist unser Tod“, sagte Gunnar Wöbke, der geschäftsführende Gesellschafter am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion unweit des möglichen Standorts.  Bevor ich das nochmal ausführlich beleuchte, will ich auf die Saison 2018/2019 zurückblicken, die eigentlich sehr verheißungsvoll angefangen hat.

Der Kader war so früh wie noch nie zusammengestellt worden. Gordon Herbert schwärmte bei einer Vorstellungsrunde mit Brady Heslip und Jason Clark davon, dass er nie geglaubt hätte, diese zwei Spieler zu bekommen. Hinzu kam noch Erik Murphy. Ein weiterer Wunschspieler des Trainers. Dazu kam als weiterer Ausländer neben Quantez Robertson Shawn Huff – der aber nur kam, weil Niklas Kiel sich seine dritte Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Das hat so ein bisschen die Pläne auf der Position 4 verhagelt, schließlich sollte Kiel weiter aufgebaut werden. Außerdem hatten die Hessen ein bisschen auf ein Ausleihgeschäft mit Isaac Bonga gehofft, der von den Los Angeles Lakers gedraftet wurde. Aber die Kalifornier wollten das deutsche Toptalent unter ihren Fittichen haben.

Vor der Saison wurden ehrgeizige Ziele formuliert: Platz vier in der Liga, Pokalsieg und die zweite Runde im Eurocup. Doch irgendwie war von Anfang an der Wurm drin. Es war schon früh zu sehen, dass Jason Clark kein richtiger Point Guard ist und seine natürliche Position die des Shooting Guards ist, wo er in der zweiten Saisonhälfte auch richtig gut spielte. Brady Heslip deutete in einigen Spielen seine Gefährlichkeit als Shooter an, Erik Murphy legte vor allem im Eurocup überragende Quoten aus der Distanz hin. Doch beide waren nicht in der Lage, die Vorgaben in der Defense umzusetzen. Und solange man hinten seine Gegenspieler mehr Punkte erzielen lässt, als man selbst produziert – die Mathematik ist einfach – ist die Chance auf einen Sieg gering.

Zu Beginn der Saison zeigten die Skyliners zwei Gesichter: Im Eurocup spielten sie teilweise richtig gut, vor allem das 71:60 in Vilnius ist mir da nachhaltig in Erinnerung. In der Liga wurden hingegen aus den ersten sieben Spielen fünf verloren und die Siege gegen Bonn und Vechta (nach Verlängerung) kamen mit Ach und Krach zustande. Ende Oktober verletzte sich dann auch noch Jonas Wohlfarth-Bottermann, der drei Monate ausfiel. Nach der knappen Pleite in Gießen (90:91) war Gordon Herbert mächtig angefressen, führte mehrere Einzelgespräche – unter anderem mit Brady Heslip wegen seiner miserablen Verteidigungsarbeit. Drei Tage danach (20. November) wurde Leon Kratzer geholt. Ohne die Verletzung von Wohlfarth-Bottermann wäre wohl Kratzer erst gar nicht an den Main gekommen.

Für eine kurze Zeit im Dezember waren die Skyliners drauf und dran, endlich mehr Konstanz in ihr Spiel zu bringen. Der Sieg im Pokalspiel gegen Braunschweig nach 20-Punkten-Rückstand sowie ein gutes Spiel gegen Bremerhaven ließen die Hoffnung aufkeimen, okay, jetzt könnte es besser werden. Doch dann verletzte sich Point-Guard-Back-up Trae Bell-Haynes, Akeem Vargas zog sich einen weiterne Muskelfaserriss zu (insgesamt waren es vier) und auch Leon Kratzer musste einige Wochen mit einer Knieblessur aussetzen. Diese Ausfälle konnten die Skyliners einfach nicht kompensieren und verloren im Januar Spiel um Spiel, schickten Brady Heslip und Erik Murphy weg und holten Mitte Januar Tyler Larson und kurz darauf Tra Holder. In der Liga konnten in der Folge zwei Spiele gewonnen werden (gegen Oldenburg per Buzzerbeater von Quantez Robertson) und in Crailsheim trumpften Larson und der jetzt auf der Shooting Guard Position agierende Clark auf. Danach folgten die zwei absolut bitteren Niederlagen gegen Ludwigsburg und Bamberg, wo Larson jeweils zum Korb gezogen war, aber vergab und die Foulpfiffe ausblieben.

Nach der Länderspielpause waren die Skyliners eigentlich guter Dinge, jetzt nochmal einen Angriff auf die Playoffs starten zu können. Der Vertrag mit Bell-Haynes wurde aufgelöst, die Verletzten kamen zurück. Doch eines fehlte dem Team nach einer Niederlage in Berlin und zwei Siegen gegen Jena und Göttingen: Das Playoffformat. Als es nämlich gegen Würzburg drauf ankam, da versagten die Skyliners komplett, waren chancenlos beim 77:91 vor heimischen Publikum. Es war ein Knackpunkt. Denn nach dieser Partie wurde offensichtlich entschieden, keinen qualitativ guten Spieler mehr dem Team hinzuzufügen. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Denn im Schneckenrennen um die Playoffs, wäre vielleicht nicht unbedingt ein Sieg gegen Vechta (80:100) möglich gewesen, aber ganz sicher im Rückspiel bei Würzburg (63:72) am 4. April. Doch da hatten die Skyliners schon den Vertrag mit Andrej Mangold klargemacht, der sechs Tage später vorgestellt wurde. Gordon Herbert hat nach dem Spiel gegen Gießen nicht umsonst die Namen Chris Babb und Gabe York genannt, die auf dem Zettel der Skyliners standen. Mit einem Babb oder York wäre nicht nur im Spiel gegen Würzburg, sondern auch beim mehr als unglücklichen 87:91 nach zweifacher Verlängerung gegen den FC Bayern etwas gegangen. Trotz allem blieben die Hessen im Playoffrennen, weil sie zumindest in den engen Partien kühlen Kopf behielten und von Larson, Clark und Robertson getragen wurden. Die Pleite in Braunschweig bedeutete dann das Ende der Plaoyff-Träume. Der Sieg gegen Gießen war nochmal ein emotionaler Moment. Gut, dass die Playoffhoffnungen da schon vorbei waren, denn mit einem Sieg in Braunschweig, hätte der Bonner 102:99-Erfolg gegen die Bayern am letzten Spieltag richtig wehgetan.

Fazit: Es war eine Saison der Fehleinschätzungen. Mit einem Spieler wie Tyler Larson von Beginn an wäre diese Saison sicher ganz anders verlaufen. So hat man viel zu lange gewartet, bis man einen dominanten scorenden Spielmacher holt. Clark als Point Guard sowie Heslip und Murphy gehen klar auf die Kappe von Gordon Herbert, der in dieser Saison sehr oft extrem frustriert war. Sein zusammengestelltes Team hat nicht funktioniert und es hat sich eigentlich nie wirklich weiterentwickelt. Das lag natürlich auch den vielen Verletzungen, aber eben auch, weil die vorhandenen Spieler nicht Herberts Philosophie umsetzten konnten.  Auch das stagnierende Spiel von Richard Freudenberg und die sehr schwache Saison von Shawn Huff haben nicht gerade geholfen. Das Wegschicken von Trae Bell-Haynes hat sich im Nachhinein ebenfalls als Fehler rausgestellt, weil der Kanadier immerhin einen guten Zug zum Korb hatte und als Back-up von Larson durchaus gute Spiele hätte machen können. Tra Holder hat zunächst erst einmal in das Team reinfinden müssen, sollte aber sofort als Shooter liefern, obwohl er Zeit seines Lebens als Point Guard gespielt hat. In Frankfurt hat er trotz guter College-Referenzen nur zwei gute Spiele gemacht. Beim Sieg in Bayreuth und im letzten Spiel gegen Gießen. Und über die Verrpflichtung von Mangold habe ich schon alles geschrieben. Die Worte von Gordon Herbert nach dem Spiel gegen Gießen haben Bände gesprochen. Wer so oft Marketingtermine wahrnimmt, Trainingszeiten deswegen verpasst, der kann nicht ernsthaft erwarten zu spielen. Bei der Saisonabschlussfeier war er auch nicht dabei. Das Schönste in dieser Spielzeit war das Comeback von Niklas Kiel, der dank Atlethiktrainer Dennis Wellm wieder früher in die Spur gefunden hat, als viele erwartet haben. Und dann lieferte er auch noch teilweise richtig gute Spiele ab, bevor er im Endspurt auch so ein bisschen in ein Loch fiel. Aber das ist vollkommen normal. Leon Kratzer hat ebenfalls überzeugt – außer an der Freiwurflinie – und wird nächstes Jahr den Skyliners viel Spaß machen.

Wie geht es weiter?: Der Kader für die kommende Saison hat eine gute Basis. Akeem Vargas, Richard Freudenberg, Niklas Kiel, Marco Völler, Leon Kratzer, Quantez Robertson und Armin Trtovac stehen unter Vertrag. Auch Elijah Clarance wird wohl bleiben. Die Skyliners brauchen also dominante Guards und auf der Fünf brauchen sie neben Kratzer einen Spieler, der einen Mitteldistanz- und Dreipunktwurf hat. Das spricht gegen eine Weiterverpflichtung von Jonas Wohlfarth-Bottermann.  Ich kann mir sogar vorstellen, dass Wöbke wieder nur mit maximal fünf Ausländern in die Saison gehen wird. Ich bin gespannt, ob sie auch auf dem deutschen Markt noch einmal tätig werden. Kostja Mushidi wäre sicher ein interessanter Spieler. Garai Zeeb dürfte keinen Vertrag mehr erhalten. Um einen weiteren Schritt zu machen, müsste er den Klub wechseln, um mehr Spielzeit zu bekommen. In einem stärkeren Team wird er kaum Chancen bekommen, weil ihm einfach das Scoring als Point Guard fehlt. Eines wird sicher sein, der Kader wird wieder etwas später zusammengestellt werden, weil die Skyliners gerade auf der Point-Guard-Position damit zuletzt immer ganz gut gefahren sind.

Und jetzt bleibt natürlich die Frage: Wer wird neuer Trainer der Skyliners? Es wird wohl einer aus dem Ausland, der noch nicht in der BBL war. Am Dienstag wird wohl das Geheimnis gelüftet.

5 Responses

  1. 1 # Tobias Mai 19 2019 @ 10:20

    Sehr gut zusammengefasst Timur! Ich denke, man wird aus den Fehlern lernen. Halle hin, Halle her, man sollte genug Budget haben, um in den TOP6 mitzuspielen. Schaut euch doch mal VECHTA und ULM dieses Jahr an, ich bitte Euch.

    Zum Thema Coach, warum jemand aus dem Ausland? Vielleicht hat man ja jemanden in den eigenen Reihen, der eine Chance bekommt und die Strukturen bereits kennt. Ich denke Perwas und der Sohn von Herbert werden bleiben, oder? Also im TEAM bei den Coaches sollte man sich da gut ergänzen. ABER: Wir kennen ja die Sprüche vom Manager: Wir ENTWICKELN und bieten SPRUNGBRETTER…..kann also auch für den Coach bedeuten…. :)

  2. 2 # Tez Mai 20 2019 @ 0:38

    Der Vertrag von Daniel Herbert läuft aus und wieso sollte er bleiben wenn sein Vater geht? Ich denke wir sehen einen erfahrenen Trainer. Mein Geheimtipp ist JD Jackson zuletzt in Frankreich aktiv und Kanadier. Ist ein guter Freund von Gordie?.

  3. 3 # Baerbel Mai 20 2019 @ 7:43

    Sehe es wie Tobias,

    es gibt auch deutsche Trainer, die nicht aus der BBL kommen.
    Es gibt ja auch noch eine ProA und ProB.

    Wieso Clarance bleiben sollte ist mir nicht ganz klar.
    Der Junge ist ein Chaot mit Athletik. Mehr nicht.

  4. 4 # Tez Mai 21 2019 @ 8:54

    So heute ist Dienstag mal schauen ob der neue Trainer nun kommt…………

  5. 5 # Face Mai 21 2019 @ 9:29

    Was kommt eher: Ne Nachricht zu Gordie oder die neue Halle…

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